Nach Nr. 9003 KV-GKG kann die Justiz „für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen an Transport- und Verpackungskosten je Sendung“ 12,00 € berechnen.
Das OLG Celle hat in seiner Entscheidung vom 16.02.2016 (2 W 32/16) klargestellt, dass die AKtenversendungspauschale nach
nur dann anfällt und von der Justizkasse beansprucht werden kann, wenn das Gericht einen externen (Post-)Dienstleister mit der Versendung beauftragt hat.
In dem betreffenden Fall konnte die Justiz nicht darlegen, wie die Akte versandt wurde. Der Bezirksrevisor teilte mit, dass die Akte entweder mit dem Dienstwagen oder mit der Sammelpost versendet worden sei. Dass der Justiz Kosten für die Beauftragung eines Dienstleisters entstanden sind, wurde nicht vorgetragen.
Aus den Entscheidungsgründen:
[…] Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Im Streitfall kann die Landeskasse die Versendungspauschale nach Nr. 9003 KV-GKG nicht geltend machen. Sie hat nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen der Nr. 9003 KV-GKG vorliegen, also „bare Auslagen“ für Transport- und Verpackungskosten angefallen sind.
Nach der vor dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23. Juli 2013 geltenden Ziffer 9003 KV-GKG a.F. wurde die Pauschale „für die Versendung von Akten auf Antrag“ erhoben. Entsprechend dieser weiten Fassung war, wie der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme vom 30. November 2015 mit Recht dargelegt hat, streitig, ob mit der Pauschale lediglich bare Sachaufwendungen der Justiz für Transport und Verpackung abgegolten werden sollte, oder ob auch der im Rahmen der Aktenversendung entstehende Serviceaufwand der Justizbehörden abgedeckt werden sollte. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hat die Bundesregierung zu ihrem Gesetzesentwurf, nach dem statt der bisherigen Pauschale von 12 € eine solche von 15 € erhoben werden sollte, auf die Kostensteigerung abgestellt und darauf hingewiesen, dass die Pauschale neben den reinen Versandkosten auch die Personal- und Sachkosten der Gerichte mit abgelte (BT-Drucksache 17/11471 S. 314). Wörtlich heißt es dort:
„Mit der Änderung wird die Aktenversendungspauschale im Hinblick auf die tatsächlich mit der Versendung der Akten verbundenen und erheblich gestiegenen Kosten angehoben. Mit dieser Pauschale werden neben den reinen Versandkosten auch die Personal- und Sachkosten der Gerichte für die Prüfung des Einsichtsrechts, das Heraussuchen der Akte, die Versendung und die Rücklaufkontrolle sowie der Kosteneinzug mit abgegolten. Diese Kosten sind seit der letzten Erhöhung des Pauschalbetrags für die Aktenversendung im Jahre 2004 deutlich gestiegen. Er soll daher um 25 Prozent auf die Höhe der Mindestgebühr von 15 Euro angehoben werden.“
Insoweit heißt es im dortigen Entwurf Nr. 9003 des KV zum GKG weiterhin, dass die Pauschale für „die Versendung von Akten auf Antrag je Sendung“ erhoben werden sollte.
Diesem offenbar fiskalisch motivierten Ansinnen ist der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf vom 12. Oktober 2012 (vgl. Drucksache 17/11471, S. 314) jedoch entgegengetreten. Er war es, der angeregt hat, den Gesetzestext dahin zu fassen, dass mit Nr. 9003 KV-GKG eine „Pauschale für die bei der Versendung von Akten auf Antrag anfallenden Auslagen“ erhoben werden soll. (BT-Drucksache 17/13537, S. 191, 268). In der Begründung heißt es hierzu:
„Durch die Änderung der Formulierung soll – wie bei Artikel 1 (Teil 3 Hauptabschnitt 1 Nummer 31003 KV GNotKG E) – klarer zum Ausdruck kommen, dass mit der Pauschale der Ersatz barer Auslagen gemeint ist.“
Mit diesem Wortlaut ist das Gesetz verabschiedet worden, weshalb davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber das Gesetz auf der Grundlage der Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages verstanden wissen wollte. Danach sollte die Pauschale also nur dann erhoben werden können, wenn der Justiz „bare Auslagen“ entstanden sind
Mit Recht hat das OLG Düsseldorf in seiner oben zitierten Entscheidung herausgearbeitet, dass die Intention des Rechtsausschusses, etwas „klarer“ zum Ausdruck zu bringen, was mit den Auslagen für Transport und Verpackung gemeint sei, durch die von ihm gewählte Formulierung „bare Auslagen“ in der Begründung eher zur Verwirrung beigetragen habe. Tatsächlich gehe es ersichtlich nicht darum, nur und ausschließlich diejenigen Kosten für Versendung und Verpackung zu erstatten, die von einem Justizbediensteten mit „Bargeld“ anlässlich der konkreten Versendung verauslagt wurden, denn auch der Justizbetrieb habe sich der Entwicklung auf dem Bankensektor angepasst und bediene sich überwiegend des viel sicheren bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Weil es sich bei dem Gesetzesentwurf um einen solchen zur Modernisierung des Kostenrechts handele, sei deshalb auszuschließen, dass die Justizbehörden vom Gesetzgeber dazu gezwungen werden sollten, ihren Anspruch auf Erstattung durch Festhalten an eher antiquierten Zahlungsmethoden zu sichern. Die Neuformulierung des Auslagetatbestandes, der keinen Hinweis auf „Bares“ enthalte, lasse folglich nur die Auslegung zu, dass die Absicht der Bundesregierung, durch die Pauschale andere Kosten als die reinen Versand- und Verpackungskosten, die in Form von eigenen Personal- und Sachkosten den Justizbehörden entstehen, abzudecken, verhindert werden sollte. Transportleistungen, die durch eigene Justizkräfte mit eigenen Sachmitteln erfolgen, würden deshalb von Nr. 9003 nicht erfasst.
Voraussetzung für eine Erstattung sei vielmehr eine zusätzliche – bare oder unbare – Geldleistung, die mit dem Aktentransport in Zusammenhang steht und deshalb „verauslagt“ sei (AGS 2015, 572 Rdnr. 13).
Dieser Auffassung tritt der Senat bei. Soweit der Gesetzgeber ausdrücklich auf bare Aufwendungen abstellt, kann darunter nicht nur vom Wortlaut, sondern auch vom Verständnis des Anliegens im Gesetzgebungsverfahren her ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber gemeint haben könnte, die Pauschale solle rein justizinterne und ohnehin anfallende Kosten abdecken.
Für die Frage der Erhebung der Pauschale nach Nr. 9003 KV-GKG ist daher zwischen den justizinternen Personal- und Sachkosten einerseits und baren Auslagen, die die Justiz gesondert an Dritte zu erbringen hat, zu differenzieren. Fallen nur justizinterne Personal- und Sachkosten an, kann die Pauschale nach Nr. 9003 KV-GKG nicht erhoben werden.
Gemessen daran hat die Landeskasse nicht dargetan, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Auslagenpauschale nach Nr. 9003 KV-GKG im Streitfall gegeben sind. Auf welcher tatsächlichen Grundlage das Landgericht gemeint hat, seiner Entscheidung zugrunde zu legen, durch die Übersendung der Akte von der Geschäftsstelle des Landgerichts Lüneburg an das Gerichtsfach des Prozessbevollmächtigten der Beklagten beim Amtsgericht Dannenberg seien dem Land Niedersachsen durch die Verpackung und durch den Transport der Akten tatsächlich bare Aufwendungen entstanden, erschließt sich nicht. Derartiges ergibt sich weder aus der Akte noch aus der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 30. November 2015. Dieser konnte selbst nicht angeben, wie die Akte zur Akteneinsicht an das Amtsgericht Dannenberg gelangt ist. Er geht davon aus, dass die Akte entweder mit dem Dienstwagen oder mit der Sammelpost versendet worden ist, wobei unklar und nicht dargetan ist, was unter einer „Sammelpost“ zu verstehen ist. Ist die Akte mit dem Dienstwagen im Rahmen täglicher Fahrten vom und zum Amtsgericht Dannenberg transportiert worden, wie dies jedenfalls der Fall war, als der Berichterstatter noch beim Landgericht Lüneburg tätig war, ist die Ansicht des Bezirksrevisors nicht nachvollziehbar, auch in diesem Fall seien „bare Aufwendungen entstanden, die aus dem Justizhaushalt bezahlt werden müssen“. Offen bleibt nämlich, welche das sein sollen. Wenn ein Justizbediensteter mit dem Dienstwagen täglich ohnehin die Strecke für die Post vom und zum Amtsgericht Dannenberg fährt, fallen überhaupt keine gesonderten Kosten dadurch an, dass diese Akte mit gefahren worden ist. Soweit der Bezirksrevisor pauschal behauptet, auch für die Verpackung seien bare Aufwendungen angefallen, erschließt sich auch das nicht. Üblicherweise werden solche Akten bei einer Versendung für ein Akteneinsichtsgesuch über das Fach eines Rechtsanwalts bei einem Amtsgericht durch die Justiz selbst nicht verpackt. Ein Grund dafür, warum dies im Streitfall anders gewesen sein sollte, ist weder dargetan noch ersichtlich.
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