Das SG Kassel hat sich in seiner Entscheidung vom 26.06.2014 (S 10 SF 50/14) eingehend mit der Frage befasst, ob bei der Bestimmung der Höhe Termingebühr nach Nr. 3106 VV RVG a.F. auch Wartezeiten zu berücksichtigen sind oder ausschließlich auf die Terminstauer abzustellen ist.
Das Gericht stellt fest, dass auch Wartezeiten zu berücksichtigen sind, die dadurch entstehen, dass die Sache zu einem späteren als dem terminierten Zeitpunkt verhandelt wird.
In den Urteilsgründen führt das Gericht u.a. folgendes aus:
[…] Bei der Bestimmung der Höhe der Terminsgebühr sind grundsätzlich die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen, wobei der Termindauer regelmäßig für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit von herausgehobener Bedeutung ist.Die Kammer geht in Übereinstimmung mit dem Urkundsbeamten davon aus, dass bei der Bestimmung der Terminsgebühr auch Wartezeiten zu berücksichtigen sind (wie hier: HessLSG, Beschl. v. 23.02.2012 – L 2 SO 200/11 B [soweit ersichtlich nicht veröffentlicht]; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21 Aufl. 2013, § 14 Rn. 15; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014; § 14 RVG Rn. 4). Dies folgt zur Überzeugung der Kammer aus einer am Sinn und Zweck orientierten Auslegung. Zwar gehört die Wartezeit nicht zur mündlichen Verhandlung, sie ist aber durch die Ladung veranlasst und daher am ehesten der Terminsgebühr zuzuordnen.
Soweit unter Rekurs auf die Rechtsprechung des BVerwG (Beschl. v. 11.02.2010 – 9 KSt 3/10, juris) vertreten wird, dass Wartezeiten nicht berücksichtigungsfähig sind, weil die Terminsgebühr mit dem Aufruf der Sache entstehe, soweit der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt vertretungsbereit anwesend ist (SächsLSG, Beschl. v. 08.01.2014 – L 8 AS 585/12 B KO, juris Rn. 27; dem folgend Dahm, RV 2014, S. 56 f.) vermag die Kammer sich dem nicht anzuschließen. Zunächst besagt die in Bezug genommene Passage der Entscheidung des BVerwG lediglich, dass die Terminsgebühr mit dem Aufruf der Sache entsteht. Für die Bestimmung der Gebührenhöhe gibt die Entscheidung indessen nichts her, weil in der Fallkonstellation, die der Entscheidung des BVerwG zu Grunde lag, eine Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG a.F., mithin einer Wertgebühr und nicht wie vorliegend einer Rahmengebühr in Rede stand. Für die Frage, ob Wartezeiten gebührenrelevant berücksichtigungsfähig sind, enthält die Entscheidung des BVerwG gerade keine Aussage, weil bei der Bestimmung von Wertgebühren die Termindauer keine Rolle spielt.
Die Kammer vermag sich auch nicht der Ansicht anzuschließen, dass etwaige Wartezeiten über das Tage- und Abwesenheitsgeld aus Nr. 7005 VV RVG a.F. abgegolten sind. Die Kammer hält diesen Ansatz schon deshalb für nicht überzeugend, weil im Hinblick auf die Staffelung des Gebührenrahmens aus Nr. 7005 VV RVG a.F. Wartezeiten über drei Stunden gebührenrechtlich nicht relevant werden könnten. Auch der Sinn und Zweck des Tage- und Abwesenheitsgeldes, namentlich die Abdeckung der durch die Geschäftsreise verursachten Mehrkosten beispielsweise in Form eines Mittagessens (N. Schneider, in: Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl. 2014, VV 7003 – 7006 VV Rn. 33), rechtfertigt nicht die Einbeziehung von Wartezeiten in diesen Gebührenrahmen.
Auch die Berücksichtigung der Wartezeiten im Rahmen der Verfahrensgebühr, wie sie die vom Erinnerungsführer in Bezug genommene Entscheidung des SG Berlins (Beschl. v. 02.05.2012 – S 180 SF 10908/11 E, juris Rn. 15) vornimmt, überzeugt das Gericht nicht. Selbst wenn man diesen Ansatz für Konstellationen wie der vorliegenden, in denen die Wartezeit noch überschaubar ist, anwenden wollte, erscheint dieser Ansatz für Konstellationen, in denen eine deutlich längere Wartezeit angefallen ist (beispielsweise mehrere Stunden) ungeeignet, um eine sachgerechte Lösung zu erreichen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass Wartezeiten in den Fällen, in denen die Verfahrensgebühr aus anderen Gründen bereits in Höhe der Höchstgebühr festzusetzen ist, unberücksichtigt bleiben würden.
Das Gericht sieht auch keine Grundlage dafür, Wartezeiten erst ab einer bestimmten Zeitdauer zu berücksichtigen (so aber SG Würzburg, Beschl. v. 03.11.2009 – S 2 SF 9/09 E, juris Rn. 21, wonach Wartezeiten bis zu einer Stunde hinzunehmen sind). Zwar ließe sich gut vertreten, dass kurze Wartezeiten (wenige Minuten) vom Bevollmächtigten gebührenirrelevant hinzunehmen wären; indessen vermag die Kammer kein normatives Argument dafür zu sehen, dass Wartezeiten erst ab einer bestimmten Dauer gebührenrelevant berücksichtigungsfähig wären. Für das insoweit veranlassten neuen Abgrenzungskriterium, bis zu welcher Dauer die Wartezeit gebührenrechtlich unbeachtlich bliebe, fehlt jeglicher normativer Anknüpfungspunkt, so dass die Kammer der Auffassung ist, dass die Frage der Berücksichtigung von Wartezeiten nur im Sinne von ja oder nein beantwortet werden kann.
Scheiden aber andere Gebührenrahmen aus und will man die Wartezeiten nicht gänzlich unberücksichtigt lassen, besteht nur die Möglichkeit der Berücksichtigung der Wartezeiten im Rahmen der Bemessung der Terminsgebühr.
Am Maßstab des Vorstehenden kann es im Ergebnis offen bleiben, ob die Terminsgebühr aus Nr. 3106 VV RVG a.F. mit den Gebührenrahmen der Terminsgebühr für das erstinstanzliche strafgerichtliche Verfahren (Nr. 4108 ff. VV RVG a.F.) vergleichbar ist, in denen Wartezeiten berücksichtigt werden (vgl. insoweit SächsLSG, Beschl. v. 08.01.2014 – L 8 AS 585/12 B KO, juris Rn. 28).
Die Berücksichtigung der Wartezeit führt vorliegend zu einer Termindauer von 30 Minuten, für die unter Beachtung der weiteren Kriterien des § 14 RVG – nach denen es sich vorliegend um einen in jeder Hinsicht durchschnittliches Verfahren handelt – die Festsetzung die Mittelgebühr angemessen erscheint.
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