In seinem Urteil vom 9. Mai 2006 hat der BGH in dem Verfahren 5 StR 453/05 wegen Bestechlichkeit eines Komunalpolitikers folgende Leitsätze aufgestellt:
1.
a) Kommunale Mandatsträger sind keine Amtsträger, es seidenn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgabenbetraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen.
b) Die Vorschrift des § 108e StGB enthält eine im Verhältniszu den §§ 331 ff. StGB abschließende Sonderregelung.
2. Der Empfang von Schmiergeldzahlungen durch Abgeordnete kann umsatzsteuerpflichtig sein.
Zur Begründung führte das Gericht aus:
II.
Zur Revision des Angeklagten S :
Die Revision des Angeklagten S ist überwiegend begründet.
1. Die Schuldsprüche wegen Bestechlichkeit und wegen Vorteilsannahme in den Fällen II. 2 und II. 4 der Urteilsgründe haben keinen Bestand. Der Angeklagte S hat sich durch den Erhalt und das Fordern von Zahlungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Rat der Stadt Wupper-tal nicht nach den §§ 331 ff. StGB strafbar gemacht. Die Zahlungen an S erfolgten nach den Feststellungen des Landgerichts allenfalls für Abstimmungen S s in einer Volksvertretung der Gemeinde (vgl. § 108e Abs. 1 StGB) oder für die Vorbereitung solcher Abstimmungen; derartiges Verhalten ist nicht nach den §§ 331 ff. StGB strafbar.
a) Kommunale Mandatsträger sind keine Amtsträger, es sei denn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen.
Amtsträger ist gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, wer nach deutschem Recht Beamter oder Richter ist (Buchstabe a), in einem sonstigen öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis steht (Buchstabe b) oder sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auf-trag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabener-füllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen (Buchstabe c). Diese Voraussetzungen treffen auf kommunale Mandatsträger in der Regel nicht zu.
aa) Kommunale Mandatsträger fallen nicht unter § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a StGB. Sie stehen auch nicht in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB.
(1) Zwar lässt es der Wortlaut von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB zu, kommunale Mandatsträger in der Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätig-keit eigener Art als Träger eines öffentlich-rechtlichen Amtes zu verstehen (vgl. Rübenstahl HRRS 2006, 23, 33). Einem solchen Verständnis stehen jedoch historische, systematische und teleologische Argumente entgegen.
(2) Als in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehende Personen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers diejenigen Träger eines öffentlichen Amts wie etwa Minister, Wehrbeauftragte, Notare oder Notarassessoren zu verstehen sein, die in einem ähnlichen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis wie Beamte und Richter stehen (Gesetzesbe-gründung BT-Drucks. 7/550 S. 209); darunter fallen Abgeordnete nicht (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 11 Rdn. 16; Dahs/Müssig NStZ 2006, 191, 192 m.w.N.). Bekräftigt hat der Gesetzgeber seinen diesbezüglichen Willen in der Gesetzesbegründung zu § 108e StGB. Die systematische Einstellung des Tatbestands der Abgeordnetenbestechung, der auch kommunale Man-datsträger erfasst, im fünften und nicht im dreißigsten Abschnitt des Beson-deren Teils des StGB wurde damit begründet, dass „… der Abgeordnete kein Amtsträger ist“ (Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/1630 und 12/5927, je-weils S. 5). Diese Nichtanwendbarkeit der Amtsdelikte, insbesondere der Bestechungsvorschriften in §§ 331 ff. StGB auf kommunale Mandatsträger, war für den Gesetzgeber der ausschlaggebende Grund, mit § 108e StGB einen eigenen Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung zu schaffen (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/1630 und 12/5927, jeweils S. 3 ff.).
(3) Die systematische Auslegung spricht ebenfalls dagegen, kommunale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB anzusehen. Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen zwei Formen hoheitlichen Handelns, bei denen eine Einflussnahme durch Vorteilszu-wendungen und eine Beeinflussbarkeit durch Vorteilsannahme strafbar ist: zwischen dem Stimmenkauf oder -verkauf im Zusammenhang mit Wahlen oder Abstimmungen in den Volksvertretungen (Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB) und der Dienstausübung oder Diensthandlung von Amts-trägern bzw. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§§ 331 ff. StGB). Die Schaffung dieser zwei unterschiedlichen Straftatbestände, die zudem unterschiedlich verortet sind (§ 108e StGB im Abschnitt der Straftaten gegen Verfassungsorgane sowie bei Wahlen und Abstimmungen, die §§ 331 ff. StGB im Abschnitt der Straftaten im Amt), spricht dafür, dass von § 108e StGB erfasste Abgeordnete nicht gleichzeitig Amtsträger sind. Sonst wäre die Schaffung einer Sonderstrafnorm für Abgeordnete systematisch unverständlich (vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 457; Marel StraFo 2003, 259, 261). Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die gesetzliche Gleichbehandlung der kommunalen Abgeordneten mit den unstreitig nicht unter den Amtsträgerbegriff fallenden Parlamentariern des Bundestages und der Länderpar-lamente.
(4) Auch teleologische Argumente sprechen dagegen, kom-munale Mandatsträger als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB anzusehen. Amtsausübung ist etwas anderes als Mandatsausübung. Zwischen dem typischen Verwaltungshandeln in behördlichen oder behör-denähnlichen Strukturen und dem politischen Handeln in Volksvertretungen aufgrund eines freien Mandats gibt es strukturelle Unterschiede, die eine dif-ferenzierte Behandlung beider Handlungsformen öffentlicher Gewalt rechtfer-tigen (ausführlich hierzu Nolte DVBl 2005, 870, 871 ff. m.w.N.). Dies wird auch im Hinblick auf die handelnden Personen deutlich: Bei Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung ist der Entscheidungsträger grundsätzlich substi-tuierbar; seine Entscheidungsbefugnis kann regelmäßig in der Verwaltungs-hierarchie delegiert oder von höherrangiger Stelle evoziert werden. Das Amt ist nicht personengebunden, der Amtsträger dafür aber zumeist weisungsge-bunden. Im Gegensatz dazu trifft der Abgeordnete aufgrund seines freien Mandats im Plenum seiner Volksvertretung eine in diesem Sinne „unvertret-bare“ Entscheidung. Sein Amt ist personengebunden, er kann seine Stimmabgabe nicht auf einen Vertreter übertragen; kein anderer darf die Entscheidungsbefugnis des Abgeordneten an sich ziehen. Gerade wegen der Unvertretbarkeit der Entscheidung bei der Wahl oder Abstimmung in einer Volksvertretung spielen dabei auch legitime Partikularinteressen, für deren Wahrnehmung der Mandatsträger in die Volksvertretung gewählt wurde, eine wesentliche Rolle.
Die Unterschiede zwischen politischer Willensbildung in der Volksvertretung einerseits und dienstlichem Verwaltungshandeln anderer-seits betreffen auf der Ebene kommunaler Mandatsträger weniger den Inhalt der Entscheidung, als vielmehr die Art und Weise des Zustandekommens hoheitlicher Entscheidungen (vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 456 f.; Nolte DVBl 2005, 870, 880). Inhaltlich macht es etwa keinen Unterschied, ob die Ent-scheidung zum Erwerb eines Wirtschaftsguts für die Gemeinde durch Ab-stimmung im Gemeinderat fällt oder allein vom Bürgermeister getroffen wird; das Zustandekommen der Entscheidung ist indes verschieden.
bb) Kommunale Mandatsträger sind auch nicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB sonst dazu bestellt, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Zwar spricht viel dafür, dass kommunale Mandatsträger Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB wahrnehmen (dazu unter 1); es fehlt aber aufgrund ihres freien politi-schen Mandats an der notwendigen Ein- oder Unterordnung in ein Dienst- oder Auftragsverhältnis zur öffentlichen Hand (dazu unter 2).
(1) Kommunale Volksvertretungen sind eher der Exekutive, nicht der Legislative zuzuordnen. Die Gemeindevertretung ist im staatsrecht-lichen Sinne kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörper-schaft (BVerfGE 78, 344, 348). Damit gehört die Rechtsetzungstätigkeit der Gemeinden trotz eines gewissen legislatorischen Charakters im System der grundgesetzlichen Gewaltenteilung zum Bereich der Verwaltung und nicht zum Bereich der Gesetzgebung (BVerwG NJW 1993, 411, 412; vgl. auch BVerfGE 65, 283, 289; Rübenstahl HRRS 2006, 23, 28 ff.). Die Willensbil-dung der Gemeindevertretung ist überwiegend auf die praktische Erledigung konkreter Verwaltungsaufgaben gerichtet und nicht – wie bei einem Parla-ment – auf den Erlass abstrakter Normen (vgl. OLG Braunschweig MDR 1950, 629). Mitglieder kommunaler Volksvertretungen werden bei der Ent-scheidung von Einzelfragen im Rahmen der gemeindlichen Selbstverwaltung tätig, nicht als originäre Gesetzgebungsorgane (vgl. zu dieser Unterschei-dung auch § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 StGB sowie § 353b Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 1 StGB).
Die vorliegend relevante Gemeindeordnung des Landes Nord-rhein-Westfalen (GO-NRW) folgt in ihren Bestimmungen über Aufgaben und Funktion des Rates dieser Einteilung (vgl. § 2, § 40 und § 41 GO-NRW). Mit dieser staatsrechtlichen Einordnung korrespondiert in gewissem Umfang auch die rechtliche Ausgestaltung des Amtes der Ratsmitglieder in der GO-NRW (vgl. LG Krefeld NJW 1994, 2036, 2037; LG Köln StV 2003, 507, 508): Im Gegensatz zu „echten“ Parlamentariern sind die Mitglieder des Rates nach § 43 Abs. 2 i.V.m. § 30 GO-NRW zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Ausschließungsgründe in § 31 GO-NRW i.V.m. § 43 GO-NRW bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Ratsmitglieder – im Gegensatz zu „echten“ Parlamentariern – bei persönlicher Betroffenheit von der Mitwirkung ausge-schlossen sind. Die Gemeindeordnung kennt auch keine Immunität oder In-demnität der Mitglieder kommunaler Volksvertretungen (vgl. Häger in LK 11. Aufl. § 36 Rdn. 30); ihnen steht – anders als den Abgeordneten des Bun-destages und der Länderparlamente – auch kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 4 StPO zu.
(2) Kommunale Mandatsträger sind aber nicht dazu bestellt, derartige öffentliche Aufgaben bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag wahrzunehmen. Der Mandatsträger handelt nicht „im Auftrag“ einer Behörde. Er ist auch nicht im Sinne der ersten Variante von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB „bei einer Behörde“ bestellt. Mit diesem zusätzlichen Kriterium hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die Erfüllung öffentli-cher Aufgaben in derartigen Fällen allein eine Amtsträgerstellung nicht be-gründen kann, sondern der Betreffende durch organisatorische Eingliederung in die Behördenstruktur eine vergleichbare Stellung haben muss wie die in § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und b StGB genannten Beamten, Richter oder Perso-nen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen (vgl. BGHSt 43, 96, 104; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 11 Rdn. 27). Kommunale Mandatsträger nehmen bei der Tätigkeit in den Volksvertretungen der Gemeinden ihre öffentlichen Aufgaben jedoch nicht im Rahmen eines Dienst- oder Auftragsverhältnisses, sondern in freier Ausübung ihres durch Wahl erworbenen Mandats wahr (vgl. Marel StraFo 2003, 259, 261; Nolte DVBl 2005, 870, 871 f.; Dahs/Müssig NStZ 2006, 191, 193). Dies un-terscheidet sie grundlegend von allen sonstigen unter § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB fallenden Personen. Mitglieder kommunaler Volksvertretungen haben ein freies Mandat und keinen Dienstherrn, sie sind an Weisungen nicht gebun-den (vgl. § 43 Abs. 1 GO-NRW). Ihre Mitwirkungsrechte sind unmittelbar mit ihrer Person verknüpft und sie unterfallen nicht dem beamtenrechtlichen Dis-ziplinarrecht. Dies hindert zwar nicht daran, ihre inhaltliche Tätigkeit als Erle-digung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zu verstehen (vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 457). Diese Umstände belegen aber, dass kommunale Volksvertreter nicht in den von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB vorausgesetzten behördlich-hierarchischen, sondern in eigenbestimmt-politischen Strukturen tätig werden.
Ein solches Verständnis entspricht dem Willen des Gesetzge-bers: Dieser wollte im Rahmen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB mit dem Beg-riff „bestellt“ lediglich alle möglichen Arten von Dienst- und Auftragsverhält-nissen erfassen (Gesetzesbegründung BT-Drucks. 7/550 S. 209); hierzu zählt jedoch das freie Mandat des kommunalen Volksvertreters nicht. Für diese Interpretation von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB sprechen zudem die bereits oben unter aa) genannten sonstigen systematischen, historischen und teleo-logischen Argumente.
cc) Europäisches Gemeinschaftsrecht und völkerrechtliche Vereinbarungen enthalten keine bindenden Vorgaben zur Frage, ob kommu-nale Mandatsträger Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind:
Das Übereinkommen aufgrund von Art. K. 3 Abs. 2 lit. c des Vertrages über die Europäische Union über die Bekämpfung der Beste-chung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitglied-staaten der Europäischen Union beteiligt sind (ABl. C 195 vom 25. Juni 1997, S. 3 ff.), überlässt durch Verweis in Art. 1 lit. c die Regelung des Amtsträger-begriffs dem innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten. Das Übereinkom-men über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im in-ternationalen Geschäftsverkehr (BGBl II 1998, 2329 ff.) definiert den „aus-ländischen Amtsträger“ als eine Person, „die in einem anderen Staat durch Ernennung oder Wahl ein Amt im Bereich der Gesetzgebung, Verwaltung oder Justiz innehat“ (BGBl II 1998, 2330). Die deutsche Umsetzung dieses Übereinkommens (Gesetz zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1997 über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internati-onalen Geschäftsverkehr – IntBestG, BGBl II 1998, 2327 f.) führt daher in § 2 IntBestG zu dem Ergebnis, dass die Bestrafung der Bestechung eines aus-ländischen Abgeordneten nach deutschem Strafrecht unter wesentlich wei-tergehenden tatbestandlichen Voraussetzungen möglich ist als die Bestra-fung eines inländischen Abgeordneten nach § 108e StGB (vgl. dazu Möhren-schlager in Festschrift für Ulrich Weber, 2004, S. 217, 228); das Verhältnis der beiden Normen bei den von beiden Straftatbeständen umfassten Mitglie-dern des Europäischen Parlaments bleibt damit unklar (vgl. auch Zieschang NJW 1999, 105). Die Criminal Law Convention on Corruption des Europarats vom 27. Januar 1999 überlässt die Definitionsmacht im Hinblick auf den Amtsträgerbegriff den Signatarstaaten (Art. 1 a der Konvention), verlangt a-ber die Schaffung von Straftatbeständen der aktiven und passiven Bestechung von Beamten (Art. 2 und 3 der Konvention) sowie (Art. 4 der Konvention) der aktiven und passiven Bestechung von Mitgliedern nationaler Volks-vertretungen („domestic public assemblies“) mit legislativen oder administrativen Kompetenzen (vgl. zum Ganzen und zu weitergehenden völkerrechtli-chen Abkommen unter der Ägide der UNO: Möhrenschlager aaO S. 229 ff.).
b) Eine Strafbarkeit des Angeklagten S nach den §§ 331 ff. StGB im Hinblick auf Vorteilszuwendungen für sein Verhalten im Rat der Stadt Wuppertal und den zugehörigen Ausschüssen sowie für sein Verhalten im Vorfeld solcher Abstimmungen scheidet zudem auch deshalb aus, weil es sich bei § 108e StGB um eine abschließende Sonderregelung für sämtliche Vorteilszuwendungen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen in den Volksvertretungen der Gemeinden und Gemeindeverbände handelt (vgl. Marel StraFo 2003, 259, 260; Dahs/Müssig NStZ 2006, 191, 195 f.; zu dieser Form von „Spezialität“ im weiteren Sinne BGHSt 36, 100, 101 [Verhältnis § 370 AO zu § 263 StGB]; 32, 165, 176 [Verhältnis § 105 StGB zu § 240 StGB]; näher Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. vor §§ 52 ff. Rdn. 82 f. m.w.N.). Dies ergibt sich aus der Gesetzessystematik, aus dem historischen Willen des Gesetzgebers sowie dem Sinn und Zweck von § 108e StGB:
aa) Schon die gesetzliche Unterscheidung zwischen zwei Formen hoheitlichen Handelns, bei denen eine Einflussnahme durch Vor-teilszuwendungen und eine Beeinflussbarkeit durch Vorteilsannahme strafbar ist (§ 108e StGB und §§ 331 ff. StGB), durch Schaffung zweier systematisch in unterschiedlichen Abschnitten befindlichen Straftatbestände spricht dafür, dass die Formen der Einflussnahme oder Beeinflussbarkeit bei hoheitlichen Entscheidungen nach dem Gesetz jeweils unterschiedlich behandelt werden sollen. Wäre § 108e StGB neben den §§ 331 ff. StGB prinzipiell anwendbar, käme es angesichts unterschiedlicher Strafrahmen und überschneidender
Tatbestandsvoraussetzungen zu kaum lösbaren Wertungswidersprüchen (vgl. Deiters NStZ 2003, 453, 454; Heinrich NStZ 2005, 197, 202).
bb) Der historische Gesetzgeber hat § 108e StGB als ab-schließende Sondernorm für Zuwendungen an Mandatsträger auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene in Bezug auf ihr Handeln in Wahlen und Ab-stimmungen in den Volksvertretungen verstanden (vgl. Dahs/Müssig NStZ 2006, 191, 195 f.; Marel StraFo 2003, 259, 261). Der Gesetzgeber ging in der Gesetzesbegründung ausdrücklich davon aus, dass er mit dem neuen Straf-tatbestand des § 108e StGB eine „Sonderregelung“, einen „Sondertatbe-stand der Abgeordnetenbestechung“ (Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/1630 S. 6; 12/5927 S. 6) schafft. Mit der Sondernorm sollten die Vorraus-setzungen für eine Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit für alle Mandatsträger des Deutschen Bundestags, der Län-derparlamente und der Volksvertretungen in den Gemeinden und Gemeinde-verbänden eng und abschließend geregelt werden (vgl. Gesetzesbegrün-dung BT-Drucks. 12/1630 S. 6; 12/5927 S. 6; 12/6092 S. 6).
Eine Fassung des § 108e StGB im Sinne der damals gelten-den §§ 331 ff. StGB wurde mit der Begründung abgelehnt, der Amtsträger solle eine Entscheidung im Rahmen der maßgeblichen Rechtsvorschriften stets unparteiisch und frei von unsachlichen Einflüssen treffen, während bei der Ausübung von Stimmrechten im Parlament auch politische Gesichts-punkte und Rücksichtnahmen eine Rolle spielten; es sei nicht zu beanstan-den, wenn bei der Stimmabgabe politische Zwecke mitverfolgt würden, die dem eigenen Interesse des Stimmberechtigten entgegenkämen. Weil bei zahlreichen Abgeordneten die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe von wesentlicher Bedeutung für ihre Aufstellung als Kandidat und die Interessenwahrnehmung auch außerhalb des Parlaments Bestandteil des politischen Kräftespiels sei, könnten die Voraussetzungen für die strafbare Bestechung und Bestechlichkeit bei der Ausübung von Stimmrechten nicht die gleichen sein wie bei der Tätigkeit von Amtsträgern im öffentlichen Dienst (Gesetzesbegründung BT-Drucks. 12/5927 S. 5). Bestechung und Bestech-lichkeit deshalb nur insoweit mit Strafe bedroht werden, als sie sich auf eine konkrete Unrechtsvereinbarung hinsichtlich einer künftigen Stimmabgabe beziehen (BT-Drucks. 12/1630 S. 6; 12/5927 S. 6; 12/6092 S. 6). Alle ande-ren Formen der Einflussnahme sollten dagegen beabsichtigtermaßen straflos bleiben.
cc) Auch Sinn und Zweck des § 108e StGB sprechen für ein Verständnis als abschließender Sonderregelung. Nach § 108e StGB soll die Einflussnahme auf politische Entscheidungen in geringerem Maße strafbar sein als bei der Einflussnahme auf Verwaltungshandeln. Die politische Wil-lensbildung auf Gemeindeebene unterscheidet sich von der Rechtsanwen-dung der öffentlichen Verwaltung wesentlich dadurch, dass erstere zulässi-gerweise auch von Partikularinteressen beeinflusst werden darf und letztlich politische Wertentscheidungen trifft, während letztere vorhandene gesetzli-che Wertentscheidungen frei von parteipolitischen Gesichtspunkten nachzu-vollziehen und ausschließlich von den Interessen der Gesamtheit geleitet umzusetzen hat (vgl. Rudolphi/Stein in SK-StGB 40. Lfg. § 11 Rdn. 21).
Im Sinne dieser Unterscheidung hat der Bundesgerichtshof für ein bürgerliches Mitglied eines seinerzeit nach Kontrollratsgesetz Nr. 18 ein-gerichteten kommunalen Wohnungsausschusses die strafrechtliche Beamte-neigenschaft bejaht, obwohl die Hälfte der Mitglieder des Ausschusses zugleich Stadtverordnete waren (BGHSt 8, 21, 23 f.). Der Bundesgerichtshof hat dies damit begründet, dass der Wohnungsausschuss trotz seiner Zu-sammensetzung keine politische Körperschaft, sondern ein reines Verwal-tungsorgan gewesen sei und als solches nicht parteipolitischen Gesichts-punkten habe folgen, sondern sich ausschließlich von den Interessen der Gesamtheit habe leiten lassen dürfen.
c) Aus dem Dargelegten folgt: Erschöpft sich die Tätigkeit ei-nes kommunalen Mandatsträgers im Handeln in Wahlen und Abstimmungen in der Volksvertretung selbst, in Teilen der Volksvertretung wie den Fraktio-nen oder in den unmittelbar der Volksvertretung zugehörigen Ausschüssen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 108e Rdn. 3; Lackner/Kühl, StGB 25.
Aufl. § 108e Rdn. 2), kommt lediglich eine Strafbarkeit nach § 108e StGB in Betracht. Gleiches gilt für die Tätigkeit im Vorfeld von Wahlen und Abstim-mungen in Volksvertretungen, also etwa für die Einflussnahme auf andere Ratsmitglieder und die sonstige Beteiligung an der politischen Willensbildung auf Gemeindeebene. Wird der Mandatsträger darüber hinaus mit konkreten Verwaltungsfunktionen auf Gemeindeebene betraut, kommt allerdings grundsätzlich eine Amtsträgerstellung und damit eine Strafbarkeit nach den §§ 331 ff. StGB in Betracht (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 11 Rdn. 23; Lackner/Kühl aaO § 11 Rdn. 11; Radtke in MünchKomm-StGB § 11 Rdn. 48; Gribbohm in LK 11. Aufl. § 11 Rdn. 37; Eser in Schönke/Schröder aaO § 11 Rdn. 23). Dies kann etwa der Fall sein bei Entsendung oder Wahl eines Mit-glieds einer kommunalen Volksvertretung in ein anderes Gremium, das – wie etwa der Aufsichtsrat eines kommunalen Versorgungsunternehmens – selbst keine Volksvertretung im Sinne von § 108e StGB ist. Gleiches gilt für die Mit-gliedschaft im einem nicht der kommunalen Volksvertretung unmittelbar zu-gehörigen Ausschuss wie etwa in dem Verwaltungsausschuss nach der nie-dersächsischen Gemeindeordnung (vgl. OLG Celle MDR 1962, 671). Dieser Ausschuss ist nach der Konzeption des niedersächsischen Kommunalrechts kein organinterner Ausschuss des Rates und damit letztlich nicht der Volks-vertretung auf Gemeindeebene zugehörig. Mit dieser spezifischen Ausgestal-tung des niedersächsischen Kommunalrechts korrespondiert die Tatsache, dass für den Fall der Verhinderung bei der Stimmabgabe in diesem Gremium Regelungen für die Vertretung bei der Stimmabgabe getroffen sind (vgl. § 56 Abs. 3 Satz 2 GO-Niedersachsen).
Bei Zweifelsfällen kann für die Abgrenzung zwischen bloßer Mitwirkung an der politischen Willensbildung in der gemeindlichen Volksver-tretung einerseits und dem Betrautsein mit der Erfüllung konkreter Verwal-tungsaufgaben auf kommunaler Ebene andererseits insbesondere auf zwei Kriterien zurückgegriffen werden: Zum einen ist zu fragen, ob der Mandats-träger in der konkreten Entscheidungssituation ersetzbar ist oder ob es recht-lich zwingend auf seine persönliche Entscheidung ankommt. Zum anderen ist zu untersuchen, ob die Entscheidung inhaltlich eher dem politischen oder dem verwaltenden Bereich zuzuordnen ist; dies bestimmt sich danach, ob die zur Entscheidungsfindung Berufenen ausschließlich den Interessen der Ge-samtheit verpflichtet sind oder sich auch von (partei-)politischen Gesichts-punkten leiten lassen dürfen (vgl. BGHSt 8, 21, 23 f.).
d) Im Ergebnis bleibt nach dem Willen des Gesetzgebers da-mit eine Reihe von Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Vorteilszuwen-dungen an kommunale Mandatsträger straflos:
Strafbar nach § 108e Abs. 1 StGB ist lediglich das Unterneh-men des Stimmenkaufs und -verkaufs. Die Tathandlung muss also zumin-dest im Versuch einer ausdrücklichen oder konkludenten Unrechtsvereinba-rung in Bezug auf ein künftiges Abstimmungsverhalten in einer Volksvertre-tung der Gemeinden oder Gemeindeverbände durch das Angebot oder das Fordern von Vorteilen bestehen (näher Tröndle/Fischer aaO § 108e Rdn. 6 ff.). Die Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB erfasst deshalb – an-ders als die §§ 331, 333 StGB – nicht das „Anfüttern“ im Sinne der Vorteils-zuwendung für allgemeine Gewogenheit beim Verhalten in Wahlen und Ab-stimmungen, sondern nur eine konkrete „Unrechtsvereinbarung“ (Stimmen-kauf und -verkauf). Deshalb können allgemeine oder belohnende Zuwendun-gen an kommunale Mandatsträger nur strafbar sein, wenn sie zumindest auch einem von §§ 331 ff. StGB erfassten Verwaltungshandeln gelten und nicht nur dem politischen Handeln in Wahlen und Abstimmungen innerhalb der Volksvertretung bzw. bei deren Vorbereitung. Straflos sind bei § 108e StGB im Gegensatz zu §§ 331 ff. StGB auch nachträgliche „belohnende“ Zuwendungen für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der Volksvertre-tung (vgl. Laufhütte/Kuschel in LK 11. Aufl. § 108e Rdn. 7). Nachträgliche Zuwendungen können allerdings ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine vorherige ausdrückliche oder konkludente Unrechtsvereinbarung sein.
e) Die gesetzliche Regelung der Abgeordnetenbestechung
führt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dazu, weite Teile von als strafwürdig empfundenen Manipulationen im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen in Volksvertretungen der Gemeinden und Ge-meindeverbände straflos zu stellen. Der Senat sieht hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf: In allen anderen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens hat das gewandelte öffentliche Verständnis einer besonderen Sozial-schädlichkeit von Korruption zu einer erheblichen Ausweitung der Strafbar-keit von korruptivem Verhalten geführt (insbesondere durch das Korruptions-bekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 BGBl I S. 2038). Diese Entwick-lung ist bislang an dem Tatbestand der Abgeordnetenbestechung vorbeige-gangen (vgl. auch Geerds JR 1996, 309, 312; de With Kriminalistik 1997, 400). Der Straftatbestand des § 108e StGB wird deshalb vielfach als prak-tisch bedeutungslose „symbolische Gesetzgebung“ angesehen, die mit der Überschrift nur auf den ersten Blick – und namentlich der Öffentlichkeit – vor-täuscht, dass Abgeordnete unter dem Gesichtspunkt der Bestechungsdelikte den Amtsträgern wenigstens annähernd gleichgestellt wären (vgl. Häger in LK 11. Aufl. § 36 Rdn. 5 und 12a; Barton NJW 1994, 1098, 1100; Tröndle/Fischer aaO § 108e Rdn. 2). Indes zeigen gerade Fälle wie der vorliegen-de, dass die Tatbestandsfassung nicht ausreicht, um alle strafwürdigen korruptiven Verhaltensweisen – insbesondere auf kommunaler Ebene – zu erfassen. Weil sich der Inhalt der Tätigkeit einer kommunalen Volksvertretung in Teilbereichen kaum von der kommunalen Verwaltungstätigkeit unterschei-det, kommt es gerade in diesem Bereich durch die vom Gesetzgeber gewoll-te Sonderstellung des § 108e StGB zu einer Reihe von Wertungswidersprü-chen (vgl. LG Köln NStZ-RR 2003, 364). Im Zusammenhang mit der ohnehin aufgrund internationaler Abkommen notwendigen Modifizierung des Straftat-bestands der Abgeordnetenbestechung (näher hierzu Zypries StraFo 2004, 221, 224) sollte der Gesetzgeber deshalb nach Auffassung des Senats für entsprechende Abhilfe sorgen, insbesondere auch hinsichtlich einer Einbe-ziehung kommunaler Mandatsträger in strafbewehrte Verschwiegenheits-pflichten (vgl. § 203 Abs. 2 StGB).
f) Auf dieser Grundlage ergibt sich für den Angeklagten S ein Freispruch im Fall II. 4 der Urteilsgründe und eine Aufhebung des Schuld-spruchs einschließlich der zugehörigen Feststellungen im Fall II. 2 der Ur-teilsgründe:
aa) Die Feststellungen des Landgerichts tragen eine Verurtei-lung des Angeklagten S nach den §§ 331 ff. StGB in den Fällen II. 2 und II. 4 der Urteilsgründe nicht. Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass der Angeklagte S in diesen Fällen über seine Mandatstätigkeit hinaus konkre-te Verwaltungsfunktionen auf Gemeindeebene wahrgenommen und dafür Zuwendungen vom Angeklagten C erhalten hätte. Das festgestellte Ver-halten des Angeklagten S erschöpfte sich vielmehr in der Einflussnahme auf sowie in der Teilnahme an Abstimmungen in einer gemeindlichen Volksvertretung, also in einem lediglich von § 108e StGB erfassten Tun.
bb) Der Senat spricht den Angeklagten S im Fall II. 4 der Urteilsgründe (Vorwurf der Vorteilsannahme) frei (§ 354 Abs. 1 StPO). Die Sache ist entscheidungsreif. Der Senat kann ausschließen, dass das Land-gericht zur Annahme der Voraussetzungen des § 108e StGB gekommen wä-re, wenn es einen rechtlich zutreffenden Ausgangspunkt gewählt hätte, und dass insoweit eine neue Hauptverhandlung noch weitere Aufschlüsse erbrin-gen könnte. Eine konkrete – wenigstens konkludente und zumindest ver-suchte – Unrechtsvereinbarung im Sinne des Unternehmens eines Stimmen-kaufs oder -verkaufs nach § 108e Abs. 1 StGB ist nach den vom Landgericht im Rahmen der Prüfung der §§ 331 ff. StGB getroffenen Feststellungen ausge-schlossen, weil die Zahlungen an S in diesem Zusammenhang nach Auffassung des Landgerichts lediglich ganz allgemein der „politischen Land-schaftspflege“ galten. Solches „Anfüttern“ kommunaler Mandatsträger ist je-doch nicht nach § 108e Abs. 1 StGB strafbar (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 108e Rdn. 7).
cc) Im Fall II. 2 der Urteilsgründe (Bestechlichkeit) hebt der Senat hingegen die Verurteilung des Angeklagten S mit den zugehöri-gen Feststellungen auf. Nach den bisherigen Feststellungen des Landge-richts gerade zum Vorlauf und zur Einbettung der gegenseitigen Beziehun-gen in ein Geflecht von Zuwendungen und Vorteilserwartungen kann eine neue Verhandlung möglicherweise zur Feststellung eines wenigstens kon-kludenten Stimmenverkaufs im Sinne von § 108e Abs. 1 StGB führen.
g) Für die neue Hauptverhandlung zu Fall II. 2 der Urteilsgrün-de weist der Senat auf Folgendes hin:
Im Rahmen von § 108e Abs. 1 StGB, der keinen grundsätzli-chen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 108e Rdn. 1), sind an die Feststellung einer (zumindest konkludenten) Un-rechtsvereinbarung (bzw. von deren vom Unternehmensdelikt erfassten Ver-such) keine höheren Anforderungen zu stellen als bei der Bestechlichkeit bzw. Bestechung von Amtsträgern im Rahmen von §§ 332, 334 StGB. Erfor-derlich ist lediglich die Feststellung, dass dem Empfänger ein Vorteil zumin-dest auch um eines bestimmten künftigen Abstimmungsverhaltens willen zu-gute kommen soll, der Vorteil also nach dem ausdrücklichen oder still-schweigenden Einverständnis der beiden Beteiligten seinen Grund gerade in der zukünftigen Wahl oder Abstimmung in der Volksvertretung hat und damit „Äquivalent“ oder „Entgelt“ für das Abstimmungsverhalten ist (vgl. BGHR StGB § 334 Unrechtsvereinbarung 2). Das zukünftige Abstimmungsverhalten muss nach der Vorstellung und dem Willen der Beteiligten zwar hinreichend bestimmt sein, die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen aber auch nicht überspannt werden. Es genügt, wenn das ins Auge gefasste Abstimmungs-verhalten nach seinem sachlichen Gehalt in groben Umrissen erkennbar und festgelegt ist (vgl. BGHR StGB § 332 Abs. 1 Satz 1 Unrechtsvereinbarung 4). Wenn – wie hier – über einen längeren Zeitraum hin einseitig Zuwendungen an einen Mandatsträger geflossen sind, die ihn für die Sache des Zuwen-denden (im Sinne des von § 331 StGB erfassten „Anfütterns“) einnehmen sollen, wird eine konkludente Unrechtsvereinbarung jedenfalls dann nahe liegen, wenn sich die erwartete Gegenleistung durch ein bestimmtes Projekt konkretisiert. Weil bei derartigen Beziehungen mit einseitig materiellen Zu-wendungen stets zumindest konkludent die Erwartung einer konkreten Ge-genleistung im Raum steht, kann der Schluss auf ein zumindest konkluden-tes Unternehmen eines Stimmenkaufs oder -verkaufs häufig schon dann tragfähig sein, wenn es im Zusammenhang mit einem derartigen Zuwen-dungsgeflecht zu einem für den Vorteilsgeber konkret vorteilhaften Verhalten vor oder in Wahlen und Abstimmungen in den kommunalen Volksvertretun-gen oder den zugehörigen Ausschüssen durch den Mandatsträger kommt.
Ob sich der Mandatsträger innerlich vorbehält, sein Abstim-mungsverhalten nicht durch die Zuwendung beeinflussen zu lassen, ist für die Strafbarkeit unerheblich (Tröndle/Fischer aaO § 108e Rdn. 10). Ent-scheidend sind insoweit nicht innere Vorbehalte, sondern der vom Vorsatz erfasste äußere Erklärungswert des Verhaltens. Wer nach außen seine Stimme für eine Wahl oder Abstimmung in einer kommunalen Volksvertre-tung gegen Vorteilszuwendungen „verkauft“, kann sich nicht darauf berufen, er habe sowieso im Sinne des Zuwendenden stimmen oder überhaupt nicht an der Stimmabgabe teilnehmen wollen, sich schließlich der Stimme enthal-ten oder sogar dagegen gestimmt.
2. Die Schuldsprüche wegen Steuerhinterziehung in sechs Fäl-len und wegen versuchter Steuerhinterziehung sind rechtsfehlerfrei. Auch die Strafaussprüche halten im Ergebnis sachlichrechtlicher Überprüfung stand.
a) Hinsichtlich der Schuldsprüche bedürfen lediglich die Verur-teilungen wegen Umsatzsteuerhinterziehung näherer Erörterung. Zu Recht hat das Landgericht für die Steuerjahre 1996 und 2001 insoweit eine Ver-pflichtung des Angeklagten S zur Abgabe von Umsatzsteuerjahreserklä-rungen nach § 18 Abs. 3 UStG angenommen. Die pflichtwidrige Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung führt zur Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr.
2 AO. Die regelmäßigen Bemühungen des Angeklagten S in seiner Ei-genschaft als Ratsmitglied im Interesse des Bauunternehmers C stellen sich als entgeltlich erbrachte Dienstleistungen und damit als steuerbare Um-sätze im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG dar.
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u. a. sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unter-nehmens ausführt, die einen wirtschaftlichen Wert haben und Gegenstand eines Leistungsaustausches sind (vgl. BFH BStBl. II 1969, 637 f.; 1973, 171, 172).
Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG ist derjenige, der eine Tätigkeit nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen selbständig ausübt, wobei die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers erfasst wird. Die Tätigkeit eines Abgeordneten in einem Parlament ist nicht ohne weiteres dem umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensbegriff zuzuord-nen (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuer Stand: 1. September 2005 § 2 UStG Rdn. 180); indes kann dies nur für die von der Verfassung vorgesehene eigentliche Mandatstätigkeit im Interesse der Allgemeinheit gel-ten. Die darüber hinausgehende von eigenem wirtschaftlichen Interesse ge-leitete politische Tätigkeit zur Bevorzugung Einzelner unterliegt den allge-meinen umsatzsteuerrechtlichen Kriterien.
Danach bestimmt sich der Begriff der Selbständigkeit nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und dem Gesamtbild der Verhältnisse (Klenk aaO Rdn. 72); Nachhaltigkeit im umsatzsteuerrechtlichen Sinne liegt bei jeder auf Wiederholung angelegten Tätigkeit vor (Klenk aaO Rdn. 158). Die vom Angeklagten S erbrachten Leistungen bestanden in den über Jahre hinweg erbrachten Hilfestellungen für den Investor C bei der Ent-wicklung einzelner Bauvorhaben sowie der Aufbereitung der dafür erforderlichen politischen Entscheidungen im Rat bereits im Vorfeld der Abstimmun-gen wie auch in der Beschaffung von Mehrheiten bei den Abstimmungenselbst. Die durch die regelmäßigen Zahlungen des C veranlassten Aktivi-täten stellten sich nicht als der Allgemeinheit verpflichtete Abgeordnetentä-tigkeit dar, sondern als von eigenem wirtschaftlichen Interesse gelenkte Un-ternehmertätigkeit, die als solche der Umsatzsteuer unterfällt (vgl. allgemein zu Schmiergeldzahlungen BFH, Beschl. vom 13. Januar 1997 – V B 102/96; FG Nürnberg EFG 1995, 502; FG Niedersachsen EFG 1997, 182; FG Ham-burg EFG 1990, 542; FG München EFG 2003, 965).
Dem steht nicht entgegen, dass auf Veranlassung des Ange-klagten S die BGSA – vertreten durch seinen Sohn – „steuerehrlich“ war und die unter dem Briefkopf der BGSA erstellten Rechnungen zur Grundlage ihrer eigenen Umsatzsteuererklärungen machte. Denn insoweit handelte es sich um eine Scheinfirma, die ausschließlich dazu diente, die Schmiergeldzahlungen zu verschleiern. Die Umsatzsteuerpflicht hinsichtlich der vom Landgericht festgestellten Rechnungen der BGSA folgte demnach aus § 14 Abs. 3 a.F. UStG (nunmehr: § 14c UStG) und nicht aus § 1 Abs. 1 UStG, weil seitens der BGSA keine Leistungen gegenüber C oder ande-ren Personen erbracht worden waren. Allerdings hat das Landgericht zu Recht diese von der BGSA erfolgten Steuerzahlungen strafmildernd berück-sichtigt.
b) Die Bestimmung des Schuldumfangs hinsichtlich der Einkommensteuerhinterziehungen ist hingegen nicht frei von Rechtsfehlern.
aa) Mit Blick auf die Zahlung von 90.000 DM netto aus dem Projekt „Radenberg“ (vgl. oben II. 2. a) vermag der Senat dem Gesamtzu-sammenhang der Urteilsgründe noch mit hinreichender Deutlichkeit zu ent-nehmen, dass dieser Betrag dem Veranlagungszeitraum 1995 zuzurechnen ist.
bb) Im Übrigen gilt hinsichtlich der Einkommensteuerhinterzie-hungen Folgendes: Rechtsfehlerfrei festgestellt hat das Landgericht zusätzli-
che Einkünfte des Angeklagten S aus gewerblicher Tätigkeit im Sinne des § 15 EStG. Demnach hätte das Landgericht die Berechnung der hinterzoge-nen Steuern an sich auf der Grundlage einer Gewinnermittlung nach den §§ 4 ff. EStG vornehmen müssen. Darüber hinaus hätte das Landgericht bei der Bestimmung des Umfangs der übrigen Einkommensteuerhinterziehungen nicht auf die in den Rechnungen ausgewiesenen Bruttobeträge abstellen, sondern nur die Beträge ohne Umsatzsteuer in seine Berechnung einstellen dürfen. Der Senat schließt indes angesichts der sehr moderaten Einzelgeld-strafen (10 bis 80 Tagessätze) und der milden Gesamtgeldstrafe aus, dass ein neues Tatgericht auch bei entsprechend verringertem Schuldumfang rechtsfehlerfrei noch geringere Geldstrafen verhängen könnte.
III.
Zur Revision des Angeklagten C :
Die Revision des Angeklagten C ist begründet. Eine Straf-barkeit des Angeklagten C wegen Bestechung (§ 334 StGB) oder Vor-teilsgewährung (§ 333 StGB) scheidet aus den zur Revision des Angeklagten S erörterten Gründen aus. Hinsichtlich des unter II. 4 der Urteilsgründe festgestellten Geschehens ist die Sache wie bei dem Angeklagten S aus den dort ausgeführten Gründen im Sinne von § 354 Abs. 1 StPO ent-scheidungsreif. Bei dem Projekt „Katernbergstraße“ (Fall II. 2 der Urteils-gründe) wird der neue Tatrichter das Geschehen nunmehr wie bei dem An-geklagten S unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Strafbarkeit nach § 108e Abs. 1 StGB zu prüfen haben.
IV.
Zur Revision des Angeklagten F :
Die Revision des Angeklagten F ist begründet.
Im Ansatz zutreffend geht das Landgericht zwar davon aus, dass im Verhalten des F eine Strafvereitelung in Form der Maßnahme-vereitelung nach § 258 Abs. 1 Alt. 2 StGB zu Gunsten des S gesehen werden kann (vgl. zur Maßnahmevereitelung BGH wistra 2004, 186). Vor-aussetzung jeder Strafvereitelung ist aber, dass zum Zeitpunkt der Tathand-lung ein staatlicher Anspruch auf Strafe oder Anordnung einer Maßnahme besteht (Tröndle/Fischer aaO § 258 Rdn. 2). Der auf den Verdacht der Be-stechlichkeit gestützte Arrestbeschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 23. August 2001 und der im angefochtenen Urteil angeordnete Verfall von Wert-ersatz bieten aber aus den zur Revision des Angeklagten S erörterten Gründen hierfür derzeit keine tragfähige Grundlage. Die gegen den Ange-klagten S angeordnete Maßnahme ist mit der Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten S weggefallen.
Sollte das neue Tatgericht im Lichte des § 108e StGB zu Schuldfeststellungen bezüglich der Handlungen des Angeklagten S im Zusammenhang mit dem Projekt „Katernbergstraße“ gelangen, wird es bei der Bestimmung des Schuldumfangs der Strafvereitelung durch F zu beden-ken haben, dass F im Innenverhältnis zu S Eigentümer der ideel-len Hälfte des Wertpapierdepots war.
Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden