Der BGH hat in dem Verfahren VIII ZR 106/05 am 25. April 2006 eine weitere Entscheidung zu Renovierungsklauseln in Wohnraummietverträgen verkündet und hier folgenden Leitsatz aufgestellt:
Die in einem Wohnraummietvertrag enthaltene formularmäßige Klausel
„Der Mieter ist verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses notwendig werdenden Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen. Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen (z.B. Küchen/Bäder: 3 Jahre, Wohn- und Schlafräume: 4-5 Jahre, Fenster/Türen/Heizkörper: 6 Jahre).“
enthält einen starren Fristenplan und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Die Entscheidung wird wie folgt begründet:
Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündli-chen Revisionsverhandlung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf umfassender Würdi-gung des Sach- und Streitstands (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Kaution (§ 15 Nr. 2 des Mietvertrags) ist nicht, auch nicht teilweise, durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Schadensersatz wegen unterlassener laufender Schönheitsre-paraturen gemäß §§ 280, 281 BGB, die auf das am 31. Januar 2004 beendete Mietverhältnis anzuwenden sind (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB), kann der Beklag-te nicht verlangen. Die formularmäßige Klausel über die Verpflichtung des Mie-ters zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen (§ 8 Nr. 2) ist we-gen unangemessener Benachteiligung unwirksam, weil sie ihm ein Übermaß an Pflichten auferlegt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
1. Die Auslegung der in einem Formularvertrag des Grund- & Hausbesit-zervereins N. u. Umgebung e.V. enthaltenen Klausel durch das Beru-fungsgericht unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfung. Der Senat geht davon aus, dass Mietvertragsklauseln, die der hier zu beurteilenden Bestimmung unter § 8 Nr. 2 entsprechen, über den Bezirk des Berufungsge-richts hinaus in Formularmietverträgen verwendet werden.
2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und red-lichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise be-teiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkei-ten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. BGHZ 102, 384, 389 f.). Vorformulierte Fristenpläne für die Ausführung von Schönheitsreparaturen müssen, um der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB standzuhalten, nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats so abgefasst sein, dass der Fristenplan nur den Charakter einer Richtlinie hat, von der im Einzelfall bei gutem Erhaltungszustand der Mieträume auch nach oben abgewichen werden kann; dies muss für den durchschnittlichen, verständigen Mieter erkennbar sein (Urteil vom 28. April 2004 – VIII ZR 230/03, NJW 2004, 2087, unter III a; Urteil vom 23. Juni 2004 – VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586, unter II 2; Urteil vom 13. Juli 2005 – VIII ZR 351/04, NJW 2005, 3416, unter II 2).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird § 8 Nr. 2 des Mietvertrags diesen Anforderungen nicht gerecht. Die Wendung, wonach der Mieter die „notwendig werdenden“ Schönheitsreparaturen vorzunehmen hat, kann aus der Sicht des verständigen Mieters nicht allein die Bedeutung haben, dass er Renovierungsarbeiten nur dann auszuführen hat, wenn tatsächlich Renovie-rungsbedarf besteht und es Ausnahmen von den üblichen Fristen geben kann. Das folgt aus Satz 2 der Klausel, in dem bestimmte Fristen genannt werden. Die Formulierung in § 8 Nr. 2 Satz 2 „Auf die üblichen Fristen wird insoweit Be-zug genommen (z. B. Küchen/Bäder: 3 Jahre …)“ besagt für sich gesehen zwar nicht, dass die üblichen sowie die dort beispielhaft genannten Fristen verbind-lich oder flexibel (im Sinne einer Richtlinie) sind. Die aufgeführten Zeiträume enthalten jedoch keine Einschränkung, wonach die vorgesehenen Fristen lediglich für den Regelfall oder für einen „im Allgemeinen“ entstehenden Renovie-rungsbedarf gelten sollen. Aus der Sicht des verständigen, durchschnittlichen Mieters soll die Bezugnahme auf die üblichen sowie die beispielhaft genannten Fristen verbindlich sein. Es handelt sich daher um einen starren Fristenplan, der die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 8 Nr. 2 Satz 1 des Mietvertrags mit seiner nicht näher bestimmten Wendung, der Mieter sei verpflichtet, die während der Dauer des Mietverhältnisses „notwendig werdenden“ Schön-heitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen. Der durchschnittliche Mieter ist gehalten und in der Lage, eine Vertragsklausel im Zusammenhang zu lesen und daraus ihren Sinn zu ermitteln (Senatsurteil vom 13. Juli 2005, aaO, m.w.Nachw.). Die Formulierung „notwendig werdend“ kann sich zwar – im Sinne einer Richtlinie – auf den tatsächlichen Bedarf beziehen. Im Zusammenhang gelesen ist die Bezugnahme auf die üblichen Fristen einschließlich der konkre-ten Zeitangaben in Satz 2 aber als Definition der „notwendig werdenden“ Schönheitsreparaturen in Satz 1 zu verstehen. Dass dieser Begriff den in Satz 2 genannten Fristen lediglich den Charakter einer unverbindlichen Orientierungs-hilfe verleihen soll, ist einem durchschnittlichen Mieter nicht erkennbar.
3. Die daraus folgende Unwirksamkeit der Fristenbestimmung führt zur Unwirksamkeit der gesamten Schönheitsreparaturverpflichtung. § 8 Nr. 2 Satz 1 des Mietvertrags ließe sich allein nur dann aufrechterhalten, wenn die Formu-larklausel aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennbar wäre (Senatsurteil vom 25. Juni 2003 – VIII ZR 344/02, NJW 2003, 2899, unter II 2; Senatsurteil vom 23. Juni 2004, aaO, unter II 3, jew. m.w.Nachw.). Hieran fehlt es. Aus der Sicht eines unbefangenen Lesers bestimmt sich der Umfang der in Satz 1 geregelten Schönheitsreparaturverpflichtung nach dem in Satz 2 enthaltenen (starren) Fris-tenplan, so dass die beiden Klauseln inhaltlich miteinander verknüpft sind. Blie-be die dem Mieter in § 8 Nr. 2 Satz 1 auferlegte Schönheitsreparaturverpflich-tung ohne den Fristenplan bestehen, würde sie mithin aus der Sicht des Mieters inhaltlich umgestaltet und mit einem anderen Inhalt aufrechterhalten. Dies wäre jedoch eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der Formularklausel (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2004 – VIII ZR 360/03, NJW 2004, 3775, unter II 1 c).
4. Da die Renovierungsklausel des § 8 Nr. 2 bereits aus sich heraus der Inhaltskontrolle nicht standhält, kann dahingestellt bleiben, ob die formularmä-ßige Bestimmung des § 13 Nr. 3, die den Mieter im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf der Fristen zur Ausführung von Schönheitsrepara-turen zu einer zeitanteiligen Kostenbeteiligung verpflichtet und dabei ihrerseits unwirksam ist, weil sie auf den starren Fristenplan Bezug nimmt, noch zusätzlich gegen § 309 Nr. 4 BGB verstößt und § 8 Nr. 2 davon berührt wird. Auch auf das vom Berufungsgericht erwähnte Zusammenwirken des § 8 Nr. 2 mit der auf das Weißeln der Wände und Decken beschränkten Endrenovierungsvereinba-rung in § 18 des Mietvertrags kommt es nicht mehr an.
III.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere tatsächliche Feststel-lungen nicht zu treffen sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist der Klage – einschließlich des Zinsanspruchs aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB – in vollem Umfang stattzugeben und das amtsgerichtliche Urteil entspre-chend abzuändern.
Die Entscheidung kann im Volltext hier abgerufen werden.