In seiner Entscheidung vom 18.9.2023 (204 VAs 281/23) hat sich das BayObLG mit der Frage auseinandergesetzt, in welcher Reihenfolge die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und die Freiheitsstrafe aus einem anderen Verfahren zu vollstrecken sind.
Das Gericht hat zu dieser Frage folgende Leitsätze aufgestellt:
1. Bei der Bestimmung der Vollstreckungsreihenfolge nach § 44b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StVollstrO ist der Vorwegvollzug der Strafe dann gerechtfertigt, wenn der Verurteilte nach einer erfolgreichen Behandlung gemäß § 64 StGB unmittelbar in die Freiheit entlassen werden kann, weil ein sich anschließender Strafvollzug die positiven Auswirkungen des Maßregelvollzugs regelmäßig wieder gefährden würde.
2. Demgegenüber kann die Bestimmung einer Vollstreckungsreihenfolge, bei der im Maßregelvollzug erzielte Therapieerfolge durch eine anschließende Strafvollstreckung gefährdet würden, nur durch gewichtige Gründe gerechtfertigt werden.
3. Das Gebot der an größtmöglicher Flexibilität orientierten Handhabung der Vollstreckungsreihenfolge mit dem Ziel, die Straftäter möglichst schnell der therapeutischen Behandlung zuzuführen, wird im Ergebnis somit begrenzt durch die Möglichkeit der Anrechnung der Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die daneben verhängte Freiheitsstrafe (§ 67 Abs. 4 StGB) und auf verfahrensfremde (§ 67 Abs. 6 StGB) Freiheitsstrafen sowie durch die Möglichkeit, die Vollstreckung der Reststrafen zur Bewährung auszusetzen.
4. § 67 Abs. 6 StGB stellt eine Ausnahmevorschrift dar, deren Eingreifen grundsätzlich erst am Ende des Maßregelvollzugs feststellbar sein wird, da erst dann ein erzielter Therapieerfolg und das Verhalten des Betroffenen während des Vollstreckungsverfahrens beurteilt werden können.
5. Ebenso wenig darf die Vollstreckungsbehörde bei der Bestimmung nach § 44b Abs. 2 StVollstrO mögliche Entscheidungen im Rahmen eines Gnadenverfahrens beachten, da das Gnadenverfahren grundsätzlich der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist.
6. Eine von der Staatsanwaltschaft bestimmte Vollstreckungsreihenfolge kann, wenn der Justizverwaltungsakt rechtswidrig war, entsprechend den Regelungen des Art. 48 BayVwVfG als allgemeinen Rechtsgedanken geändert werden.
Die Entscheidung im Volltext:
Tenor
1. Der Antrag des Verurteilten D. auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Bamberg vom 05.06.2023 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
2. Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Gegen den Verurteilten wurden mit Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019 (AZ: 8 KLs 822 Js 14437/16), rechtskräftig seit dem 16.04.2019, unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 05.12.2016 (AZ: 9 Ns 822 Js 15811/15), rechtskräftig seit 13.04.2017, eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren festgesetzt, die bereits mit Urteil des Landgerichts Würzburg vom 05.12.2016 (AZ: 9 Ns 822 Js 15811/15) angeordnete Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten sowie eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ausgesprochen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
2
Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Würzburg vom 13.09.2019 (AZ: 1 StVK 855/19) wurde sodann die weitere Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und des Restes der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019 zur Bewährung ausgesetzt.
3
Mit Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.08.2021 (AZ: 8 KLs 822 Js 503/21), rechtskräftig seit 12.08.2021, wurden gegen den Verurteilten eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt und zugleich seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Zudem wurde angeordnet, dass von der Freiheitsstrafe anderthalb Jahre vor dem Beginn der Maßregel vorweg zu vollziehen seien.
4
Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Würzburg vom 29.09.2021 (AZ: 1 StVK 855/19), rechtskräftig seit 09.10.2021, wurden die Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich des Restes der Freiheitsstrafe von vier Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019 sowie die Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren aus diesem Urteil widerrufen. Die durch Urteil des Landgerichts Würzburg vom 05.12.2016 angeordnete Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde für erledigt erklärt.
5
Mit Verfügung vom 02.12.2021 bestimmte die Staatsanwaltschaft Würzburg entgegen der ihr bekannten Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt St. Georgen-Bayreuth vom 18.11.2021 zunächst die Vollstreckungsreihenfolge dahingehend, dass nach Vollstreckung des im Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.08.2021 angeordneten Vorwegvollzugs die in diesem Urteil angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor der Vollstreckung des Restes der im gleichen Urteil ausgesprochenen Freiheitsstrafe von sieben Jahren sowie vor der Vollstreckung der mit Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 29.09.2021 widerrufenen Strafen und Strafreste aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019 vollzogen werden sollte.
6
Entsprechend dieser Vollstreckungsreihenfolge erfolgte gemäß der Verfügung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 30.05.2022 am 15.07.2022 die Verlegung des Verurteilten aus der Justizvollzugsanstalt Bayreuth in das Bezirkskrankenhaus B. zur Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
7
Mit Verfügung vom 05.04.2023 teilte die Staatsanwaltschaft Würzburg dem Verurteilten mit, dass beabsichtigt sei, die angeordnete Vollstreckungsreihenfolge dahingehend zu ändern, dass in Unterbrechung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.08.2021 im Wege des Zwischenvollzugs zunächst der widerrufene Strafrest aus der mit Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019 angeordneten Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und die widerrufene Strafe von zwei Jahren, die ebenfalls in diesem Urteil angeordnet worden war, vollstreckt werden sollten.
8
Mit Schreiben vom 14.04.2023 teilte das Bezirkskrankenhaus B. mit, dass im Sinne einer erfolgreichen Resozialisierung aus dessen Sicht die aktuell laufende Therapie nicht unterbrochen werden sollte.
9
Mit Verfügung vom 10.05.2023 bestimmte die Staatsanwaltschaft Würzburg die Vollstreckungsreihenfolge nunmehr dahingehend, dass der Vollzug der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.08.2021 für den Zwischenvollzug der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sowie des Strafrests der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren, beide aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019, unterbrochen werde und erst nach Vollstreckung dieser Freiheitsstrafen zum gemeinsamen Halb- bzw. Zweidrittelzeitpunkt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.08.2021 weiter zu vollstrecken sei.
10
Mit Schreiben seines Verteidigers vom 22.05.2023 legte der Verurteilte hiergegen Beschwerde ein, der die Staatsanwaltschaft Würzburg mit Verfügung vom 23.05.2023 nicht abhalf.
11
Mit Bescheid vom 05.06.2023, dem Verteidiger des Verurteilten zugestellt am 13.06.2023, wies der Generalstaatsanwalt in Bamberg die Beschwerde des Verurteilten vom 22.05.2023 zurück.
12
Mit Schreiben seines Verteidigers vom 13.07.2023, eingegangen beim Bayerischen Obersten Landesgericht am selben Tage, beantragte der Verurteilte gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel, die Verfügung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 10.05.2023 sowie den hierzu erlassenen Bescheid des Generalstaatsanwalts in Bamberg vom 05.06.2023 aufzuheben.
13
Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragte mit Schreiben vom 12.08.2023, den Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung vom 13.07.2023 als unbegründet zu verwerfen, dem Verurteilten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, den Geschäftswert auf 5.000,00 € festzusetzen und die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen. Eine Stellungnahme des Verurteilten hierzu erfolgte nicht.
II.
14
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach § 23 Abs. 1 und 2 EGGVG statthaft, wurde gemäß § 26 Abs. 1 EGGVG form- und fristgerecht eingelegt und ist auch nach § 24 Abs. 2 EGGVG zulässig, da das erforderliche Vorschaltverfahren (§ 21 StVollstrO) durchgeführt worden ist.
15
Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, da die Verfügung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 10.05.2023 in Verbindung mit der Nichtabhilfeverfügung vom 23.05.2023 und dem Bescheid des Generalstaatsanwalts in Bamberg vom 05.06.2023 den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 28 Abs. 1 Satz 1 EGGVG).
16
Die Staatsanwaltschaft Würzburg durfte die ursprünglich getroffene Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge vom 02.12.2021 mit ihrer Verfügung vom 10.05.2023 abändern. Die Änderung stellt sich insoweit als Aufhebung der Entscheidung vom 02.12.2021 und Neuentscheidung vom 10.05.2023 dar.
A.
17
Die Aufhebung der Entscheidung vom 02.12.2021, bei der es sich um einen rechtswidrigen Justizverwaltungsakt handelte, war in entsprechender Anwendung von Art. 48 BayVwVfG rechtmäßig.
18
1. Für die Rücknahme eines rechtswidrigen Justizverwaltungsaktes gilt Art. 48 BayVwVfG gemäß Art. 2 Abs. 3 Ziffer 1 BayVwVfG nicht unmittelbar, da das Verwaltungsverfahrensgesetz für die Tätigkeit der Behörden der Justizverwaltung grundsätzlich nicht anwendbar ist. Da eine ausdrückliche Regelung für die Rücknahme von rechtswidrigen Justizverwaltungsakten in der Strafvollstreckungsordnung aber nicht enthalten ist, ist Art. 48 BayVwVfG als Ausdruck neuerer Rechtsüberzeugungen grundsätzlich seinem Grundgedanken entsprechend analog anwendbar, sofern dies mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen übereinstimmt und als deren Positionierung angesehen werden kann (Kopp/Ramsauer 23. Aufl. VwVfG § 48 Rn. 21; OLG München, Beschluss vom 18.02.2013 – 4 VAs 56/12, juris Rn. 36 ff.). Das ist hier der Fall.
19
2. Bei der Entscheidung vom 02.12.2021 handelt es sich um einen rechtswidrigen Justizverwaltungsakt.
20
Die Regelung der Vollstreckungsreihenfolge dahingehend, dass zunächst die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus der Verurteilung vom 04.08.2021 und dann erst der widerrufende Strafrest aus der Gesamtstrafe von 4 Jahren aus der Verurteilung vom 08.04.2019 und die widerrufende Strafe von zwei Jahren aus der Verurteilung vom 08.04.2019 vollstreckt werden sollten, entspricht zwar den Regelungen des § 44b Abs. 1 StVollstrO, wonach in Fällen, in denen neben einer Freiheitsstrafe eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt zu vollstrecken ist, auf die in einem anderen Verfahren erkannt wurde, die Maßregel vor der Strafe vollzogen werden soll.
21
Erkennbar hat die Staatsanwaltschaft Würzburg bei ihrer Entscheidung vom 02.12.2021 aber nicht bedacht, dass bei der von ihr angeordneten Vollstreckungsreihenfolge nach erfolgreichem Abschluss der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zumindest hinsichtlich der mit Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019 zunächst zur Bewährung ausgesetzten, inzwischen widerrufenen und noch nicht anvollstreckten Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren eine nochmalige Aussetzung derselben zur Bewährung nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften (§ 57 StGB) nicht möglich ist.
22
Damit steht der am 02.12.2021 getroffenen Regelung der bei Entscheidungen über die Vollstreckungsreihenfolge in derartigen Fällen geltende Grundsatz, dass der Verurteilte nach erfolgreichem Abschluss der Therapie in Freiheit entlassen werden soll (siehe hierzu die Ausführungen unter II. B. 1.), entgegen. Der Verurteilte hätte nämlich in dieser Konstellation nicht in die Freiheit entlassen werden können, sondern es hätte zumindest ein Teil dieser Strafe in einer Justizvollzugsanstalt vollstreckt werden müssen.
23
Insoweit liegt ein Ermessensdefizit vor, das dazu führt, dass die Entscheidung vom 02.12.2021 den Verurteilten in seinen Rechten verletzt.
24
3. Die durch die Entscheidung vom 10.05.2023 zumindest konkludent erfolgte Rücknahme der Entscheidung vom 02.12.2021 ist auch rechtmäßig, da rechtswidrige Justizverwaltungsakte in entsprechender Anwendung von Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden können. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Entscheidung vom 02.12.2021 ein begünstigender Justizverwaltungsakt gewesen wäre, sind Tatbestände, die die Möglichkeit einer Rücknahme einschränken könnten (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 und 3 BayVwVfG), nicht gegeben, da die Entscheidung vom 02.12.2021 weder die Gewährung einer einmaligen oder laufenden Geldleistung oder teilbaren Sachleistung zum Gegenstand hatte, noch Voraussetzung für eine solche war.
25
Die in entsprechender Anwendung des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG geltende Jahresfrist für die Rücknahme des Justizverwaltungsaktes ist eingehalten. Diese beginnt nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts erst mit der Entscheidungsreife (BVerwGE 70, 356-365 = BVerwG, Beschluss vom 19.12.1984 – GrSen 1/84 –, juris Rn. 17 ff., 19), zu deren Herstellung mitunter auch die Durchführung der Anhörung des Betroffenen gehört (Schoch/Schneider/Schoch, 3. EL August 2022, VwVfG § 48 Rn. 249). Nachdem diese erst mit Verfügung vom 05.04.2023 veranlasst worden war, erfolgte die nachfolgende Entscheidung vom 10.05.2023 jedenfalls innerhalb der Jahresfrist.
B.
26
Die Abänderung der Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 10.05.2023 in Form des Beschwerdebescheids des Generalstaatsanwalts in Bamberg vom 05.06.2023 ist nicht zu beanstanden.
27
1. Für den hier gegebenen Fall des Zusammentreffens der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus verschiedenen Erkenntnisverfahren hat der Gesetzgeber eine Bestimmung der Vollstreckungsreihenfolge nicht getroffen. Regelungen hierzu finden sich lediglich in der Strafvollstreckungsordnung, einer Verwaltungsvorschrift (vgl. BT-Drucks. 18/7244, Seite 26), die eine verwaltungsinterne Bindung bewirkt (vgl. Pohlmann/Jabel/Wolf, StVollstrO, 9. Aufl., Einl. Rn. 9 und § 44b Rn. 1).
28
Nach § 44b Abs. 2 Satz 1 StVollstrO wird die Reihenfolge der Vollstreckung von Strafe und Maßregel aus verschiedenen Urteilen von der Vollstreckungsbehörde bestimmt. § 44b Abs. 1 Satz 1 StVollstrO regelt, wie das der Vollstreckungsbehörde eingeräumte Ermessen auszuüben ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.02.2005 – 3 VAs 43/04, juris Rn. 7; OLG Hamm, Beschluss vom 08.04.1999 – 1 VAs 120/98, juris Rn. 14; OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.09.1989 – VAs 531/89, juris Rn. 14). Danach wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen, es sei denn, dass der Zweck der Maßregel durch den vorherigen Vollzug der Strafe oder eines Teils leichter erreicht wird.
29
Anders als § 43 Abs. 4 StVollstrO, der in seinem Anwendungsbereich die Änderung der Vollstreckungsreihenfolge vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig macht, erlaubt § 44b Abs. 2 StVollstrO der Vollstreckungsbehörde eine am Vollstreckungsziel (einer erfolgreichen Therapierung mit anschließender Wiedereingliederung) im Sinne größtmöglicher Flexibilität orientierte Handhabung der Vollstreckungsreihenfolge. Hierbei ist nach dem Sinngehalt des § 67 Abs. 1 bis 3 StGB zu verfahren (vgl. Pohlmann/Jabel/ Wolf, StVollstrO, a.a.O., § 44b Rn. 2), da die dort enthaltenen Wertungen des Vorrangs der Heilung gegenüber der Bestrafung in § 44b Abs. 1 Satz 1 StVollstrO übernommen wurden (vgl. BT-Drucks. 18/7244, Seite 26; anderer Ansicht wegen der Verschiedenheit der tatsächlichen Sachverhalte OLG Hamm, Beschluss vom 08.04.1999 – 1 VAs 120/98, juris Rn. 14). Der Therapie- und Heilungsgedanke spielt beim Zusammentreffen einer angeordneten Unterbringung nach § 64 StGB mit zur Verbüßung anstehenden Strafen somit eine zentrale Rolle. Demgemäß ist die im materiellen Recht, insbesondere durch das Regel-/Ausnahmeverhältnis von § 67 Abs. 1 und 2 StGB zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung und Zielsetzung zu berücksichtigen, den einer Maßregel der Besserung und Sicherung unterworfenen Straftäter schnellstmöglich einer therapeutischen Behandlung zuzuführen (vgl. OLG Dresden, NStZ 2013, 173, juris Rn. 14).
30
Etwas anderes gilt nur dann, wenn gerade durch den Vorwegvollzug der Strafe der Zweck der Maßregel leichter erreicht werden kann, wenn also durch den sofortigen Beginn der Maßregel deren Erfolgsaussichten entscheidend gemindert werden würden (vgl. OLG Nürnberg, Beschlüsse vom 10.03.2014 – 1 VAs 17/13 –, vom 16.07.2014 – 2 VAs 8/14 –, und vom 07.08.2014 – 2 VAs 7/14 – [jeweils unveröffentlicht]; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 67 Rn. 5 zur entsprechenden Regelung in § 67 Abs. 2 StGB).
31
Gerechtfertigt ist der Vorwegvollzug der Strafe somit, wenn der Verurteilte nach einer erfolgreichen Behandlung gemäß § 64 StGB unmittelbar in die Freiheit entlassen werden kann, weil ein sich anschließender Strafvollzug die positiven Auswirkungen des Maßregelvollzugs wieder gefährden würde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.02.2005 – 3 VAs 43/04, juris Rn. 11; BT-Drucks. 16/1110, S. 11, 14; so auch – zu § 63 StGB – OLG Hamm, Beschluss vom 08.04.1999 – 1 VAs 120/98, juris Rn. 15 m.w.N.; BeckOK StVollstrO/Wittmann, 12. Ed. 15.06.2023, StVollstrO § 44b Rn. 4). Das Ziel einer Entlassung in die Freiheit nach erfolgtem Maßregelvollzug entspricht auch dem verfassungsrechtlichen fundierten Resozialisierungsauftrag (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 27. 03.2012 ? 2 BvR 2258/09, juris Rn. 55). Aus diesem und aus der Pflicht, den Maßregelvollzug wegen des damit verbundenen Sonderopfers in besonderer Weise freiheitsorientiert und therapiegerichtet anzulegen (vgl. BVerfG, Urt. v. 04.05.2011 ? 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10, juris Rn. 101), folgt, dass nur gewichtige Gründe es rechtfertigen können, im Maßregelvollzug erzielte Therapieerfolge durch eine anschließende Strafvollstreckung zu gefährden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.03.2012 ? 2 BvR 2258/09, juris Rn. 62; so auch für die Unterbringung nach § 64 StGB: BGH, Beschluss vom 22.09.2011 – 2 StR 322/11, juris Rn. 3 und 7). In der Praxis des Maßregelvollzugs sind die Therapieprogramme demgemäß regelmäßig darauf angelegt, den Verurteilten nach Eintritt des Therapieerfolgs keiner weiteren Freiheitsentziehung auszusetzen. Die Aussicht auf Wiedererlangung der Freiheit mit Bewährungsmöglichkeit wird als grundlegend für einen therapeutischen Erfolg angesehen, eine nachfolgende Strafvollstreckung einer nicht miterledigten, verfahrensfremden Freiheitsstrafe dagegen durchweg als für den Behandlungserfolg überaus nachteilig beurteilt (BVerfG, Beschluss vom 27.03.2012 ? 2 BvR 2258/09, juris Rn. 62; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.02.2005 – 3 VAs 43/04, juris Rn. 11; Pohlmann/Jabel/Wolf, StVollstrO, a.a.O., § 44b Rn. 2).
32
Diesbezüglich ist auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung zu berücksichtigen, dass bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen über drei Jahren vom erkennenden Gericht grundsätzlich der Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe anzuordnen ist, um im Anschluss an die Maßnahme eine Reststrafenaussetzung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB zu ermöglichen. Die von § 67 Abs. 1 StGB abweichende Vollstreckungsreihenfolge dient nämlich auch der Sicherung des Therapieerfolgs, weil bei dessen Eintritt die Möglichkeit besteht, dass der Betreffende unter Anrechnung der Unterbringungsdauer schon zum Halbstrafenzeitpunkt entlassen wird (BGH, Beschluss vom 22.09.2011 – 2 StR 322/11, juris Rn. 7). Im Anwendungsbereich des § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB darf somit nur dann, wenn aus gewichtigen Gründen des Einzelfalls eine andere Entscheidung eher die Erreichung eines Therapieerfolges erwarten lässt, namentlich bei aktuell dringender Therapiebedürftigkeit des Betreffenden (vgl. BGH, Beschlss vom 09.08.2007 – 4 StR 283/07, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 22.09.2011 – 2 StR 322/11, juris Rn. 3; BT-Drucks. 16/1110, S. 14), von einer solchen Anordnung abgesehen werden (BGH, Beschluss vom 08.01.2008 – 1 StR 644/07, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 18.03.2008 – 1 StR 103/08, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 22.09.2011 – 2 StR 322/11, juris Rn. 3).
33
Damit stehen sich zwei Grundsätze gegenüber: Einerseits soll gemäß der grundsätzlichen Anordnung in § 44b Abs. 1 Satz 1 StVollstrO, die Maßregel vor der Strafe zu vollstrecken, möglichst frühzeitig mit der Therapie begonnen werden. Andererseits soll ein erzielter Therapieerfolg nicht wieder durch eine sich anschließende Strafvollstreckung gefährdet werden. Gerade zur Lösung dieses Spannungsverhältnisses bietet § 44b Abs. 1 Satz 1 StVollstrO der Vollstreckungsbehörde die Möglichkeit, die grundsätzliche Vollstreckungsreihenfolge umzukehren, wenn der Zweck der Maßregel durch den vorherigen Vollzug der Strafe oder eines Teils leichter erreicht wird.
34
Die Vollstreckungsreihenfolge sollte also – in Orientierung am Leitmotiv des § 67 Abs. 2 StGB – derart gestaltet werden, dass nach erfolgreicher Behandlung in der Unterbringung die Möglichkeit besteht, alle zur Verbüßung anstehenden Strafen zur Bewährung auszusetzen. Im Ergebnis wird das Gebot der an größtmöglicher Flexibilität orientierten Handhabung der Vollstreckungsreihenfolge somit begrenzt durch die Möglichkeit der Anrechnung der Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die daneben verhängte (§ 67 Abs. 4 StGB) und auf die verfahrensfremde (§ 67 Abs. 6 StGB) Freiheitsstrafe sowie durch die Möglichkeit, die Vollstreckung der Reststrafen zur Bewährung auszusetzen (vgl. §§ 57, 67 Abs. 5 Satz 1 StGB; so bereits BayObLG, Beschluss des 3. Strafsenats vom 18.06.2019 – 203 VAs 434/19, nicht veröffentlicht).
35
Ausgehend von den genannten Gesichtspunkten hat die Vollstreckungsbehörde im Rahmen der Ermessensentscheidung eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um die Frage, wodurch der Zweck der Maßregel leichter erreicht wird, beantworten zu können (vgl. zum Ganzen: Senatsbeschlüsse vom 20.01.2020 – 204 VAs 2104/19, vom 28.09.2020 – 204 VAs 286/20, nicht veröffentlicht).
36
2. Aus § 44b StVollstrO folgt kein Anspruch des Verurteilten auf eine bestimmte Vollstreckungsreihenfolge. Der Verurteilte hat aber ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Die gerichtliche Prüfung im Rahmen der §§ 23 ff. EGGVG beschränkt sich somit darauf, ob die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde frei von Rechtsfehlern ergangen ist, insbesondere nicht die Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 28 Abs. 3 EGGVG).
37
Unter Zugrundelegung der unter 1. genannten Prämissen ist die Anordnung der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 10.05.2023 in Verbindung mit deren Nichtabhilfeverfügung vom 23.05.2023 in der Gestalt des Bescheids des Generalstaatsanwalts in Bamberg vom 05.06.2023 ermessensfehlerfrei ergangen. Danach ist zunächst der Strafrest aus der verfahrensfremden Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und die bislang nicht anvollstreckte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, jeweils aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 08.04.2019 (AZ: 8 KLs 822 Js 14437/16) in Verbindung mit dem rechtskräftigen Widerrufsbeschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Würzburg vom 29.09.2021 (AZ: 1 StVK 855/19), bis zum dortigen Halbstrafen- bzw. Zweidrittelzeitpunkt vorweg zu vollstrecken. Anschließend erfolgt die erneute Überführung des Verurteilten in den Maßregelvollzug gemäß § 64 StGB aus dem Urteil des Landgerichts Würzburg vom 04.08.2021 (AZ: 8 KLs 822 Js 503/21), mit dem der Antragsteller zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung nach § 64 StGB angeordnet worden ist. Demgemäß könnten nach erfolgreichem Verlauf der Therapie die Strafreste der Begleitstrafe von sieben Jahren und der verfahrensfremden Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren und zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.
38
Die Vollstreckungsbehörde hat bei ihrer Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge das ihr obliegende Ermessen unter Zugrundelegung aller entscheidungserheblichen konkreten Umstände des vorliegenden Falles in jeder Hinsicht rechtmäßig ausgeübt. Insoweit wird auf die Ausführungen der Vollstreckungsbehörden in den genannten Bescheiden vollumfänglich Bezug genommen. Insbesondere gebietet der Umstand, dass bei den zwischenzuvollziehenden Strafen eine bislang noch nicht anvollstreckte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren enthalten ist, für die eine Reststrafenaussetzung ohne vorherige teilweise Vollstreckung nicht möglich ist, die von der Staatsanwaltschaft Würzburg am 10.05.2023 getroffene Regelung über die Vollstreckungsreihenfolge. Dies führt dazu, dass trotz der sich hierzu kritisch verhaltenden Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses in Bayreuth vom 14.04.2023 und trotz des Umstands, das die Vollstreckungsbehörde am 02.12.2021 eine gegenteilige Entscheidung über die Vollstreckungsreihenfolge getroffen hatte und der Verurteilte im Vertrauen auf diese Entscheidung im Rahmen der ab 15.07.2022 durchgeführten Therapie konstruktiv mitarbeitete, die Entscheidung vom 10.05.2023 nicht zu beanstanden ist.
39
a) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass auf die verfahrensfremde Strafe eine Anrechnung der im Maßregelvollzug verbrachten Zeit gemäß § 67 Abs. 6 StGB erfolgen könnte.
40
Im Gegensatz zur Anrechnung nach § 67 Abs. 4 StGB erfolgt die Anrechnung nach § 67 Abs. 6 StGB nicht zwingend und automatisch; vielmehr kann das Gericht eine solche Anrechnung nur in den Fällen anordnen, in denen die Vollstreckung der Freiheitsstrafe eine unbillige Härte für die verurteilte Person wäre. Die Vorschrift des § 67 Abs. 6 StGB wurde mit Wirkung vom 01.08.2016 durch Art. 1 Nr. 4 lit. b des Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften vom 08.07.2016 (BGBl. I 1610) neu eingefügt. Diese Gesetzesänderung war notwendig geworden, da das Bundesverfassungsgericht den generellen Ausschluss einer Anrechnung der Maßregel auf verfahrensfremde Strafen für nicht verfassungsgemäß erklärt hat (BVerfG, Beschluss vom 27.03.2012 – 2 BvR 2258/09 –, juris Rn. 87). Die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene und in § 67 Abs. 6 StGB normierte Härtefallregelung stellt ihrem Charakter nach eine Ausnahmevorschrift dar, deren Eingreifen grundsätzlich erst am Ende des Maßregelvollzugs feststellbar sein wird, wenn die für das Vorliegen eines solchen Härtefalls maßgeblichen Kriterien, insbesondere ein erzielter Therapieerfolg und das Verhalten des Betroffenen während des Vollstreckungsverfahrens, beurteilt werden können (vgl. Begründung des Gesetzgebers, BT-Drucks. 18/7244, Seite 26). Ein wesentliches Kriterium stellt daher der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung durch eine anschließende Vollstreckung der Freiheitsstrafe dar. Liegt ein Therapieerfolg gar nicht vor, insbesondere mangels Mitwirkung der untergebrachten Person, dürfte die Annahme einer unbilligen Härte fernliegen (BT-Drucks. 18/7244, Seite 28).
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Eine Berücksichtigung der möglichen Anrechnung nach § 67 Abs. 6 StGB im Rahmen der Festlegung der Vollstreckungsreihenfolge nach § 44b StVollstrO scheidet schon deshalb aus, weil zum Entscheidungszeitpunkt regelmäßig keine belastbare Prognose getroffen werden kann, ob bei Aussetzungsreife der Maßregel die Voraussetzungen zur Härtefallanrechnung vorliegen werden (dies betrifft neben den Unwägbarkeiten hinsichtlich des Therapieverlaufs auch die Therapiedauer sowie gegebenenfalls weitere hinzukommende verfahrensfremde Strafen usw.) und ob das Gericht entsprechend entscheiden wird. Des Weiteren ist es gerade Aufgabe der Vollstreckungsbehörde, unbillige Härten für die verurteilte Person durch entsprechende Einzelfallentscheidungen zu vermeiden und nicht etwa, diese Härten bewusst herbeizuführen (so zutreffend BeckOK StVollstrO/ Wittmann, a.a.O., § 44b Rn. 6).
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b) Auch der Umstand, dass die Möglichkeit bestünde, dass die bislang noch nicht anvollstreckte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren im Gnadenwege nochmals zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, ohne dass ein Teil hiervon vollstreckt worden wäre, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Entscheidung der Vollstreckungsbehörde. Die Möglichkeit eines Straferlasses oder einer erneuten Strafaussetzung zur Bewährung im Gnadenwege ist bei der Entscheidung über die Änderung der Vollstreckungsreihenfolge nicht zu berücksichtigen (OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.10.2014 – Az. 1 VAs 9/14, NStZ-RR 2015, 62 [Ls.] = BeckRS 2014, 22550; Volltext in juris). Denn das Gnadenverfahren ist grundsätzlich der gerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 10.11.1995 – 2 VAs 11/95, juris Rn. 4 m.w.N.; Wolf in: Pohlmann/Jabel/Wolf, StVollstrO, a.a.O., § 21 Rn. 12) und kann daher kein tragfähiges Entscheidungskriterium bei der – hier vorzunehmenden – gerichtlichen Bestimmung der Grenzen der Ermessensentscheidung sein (so auch BeckOK StVollstrO/Wittmann, a.a.O., § 44b Rn. 7).
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Dies steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm, wonach die Erwägung der Vollstreckungsbehörde, die verhängten Reststrafen aus früheren Verurteilungen vor dem Maßregelvollzug zu vollstrecken, im Hinblick darauf, dass es sich bei den Strafresten um widerrufene Strafreste handelt, die regelmäßig vorweg zu vollstrecken sind (vgl. BGH, Beschluss vom 09.02.2012 – 5 AR (VS) 40/11, juris Rn. 11), sachgerecht sei und durch eine so bestimmte Vollstreckungsreihenfolge es möglich sei, ohne Bemühung des unwägbaren Gnadenverfahrens nach einem erfolgreichen Abschluss der Behandlung in der Unterbringung sämtliche dann offenen Strafreste entsprechend den gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten zur Bewährung auszusetzen und dadurch zu verhindern, dass der Behandlungserfolg durch einen anschließenden Strafvollzug wieder gefährdet wird (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 02.02.2017 – III-1 VAs 156/16, juris Rn. 13, und vom 22.02.2018 – III-1 VAs 120/17, juris Rn. 13). Zudem ist es gerade Aufgabe der Vollstreckungsbehörde, unbillige Härten für die verurteilte Person durch entsprechende Einzelfallentscheidungen zu vermeiden und nicht vorsätzlich und ohne triftigen Grund eine Situation herbeizuführen, durch die die verurteilte Person unter einer unbilligen Härte leidet (so BeckOK StVollstrO/Wittmann, a.a.O., § 44b Rn. 6 f.).
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3. Im Ergebnis ist die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn es sehr unglücklich erscheint, dass der Verurteilte nunmehr fast ein Jahr aufgrund der Entscheidung der Vollstreckungsbehörde vom 02.12.2021 in der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verbracht hat und diese Therapie entgegen dem ärztlichen Rat nun unterbrochen werden musste.
III.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 30 Abs. 1 EGGVG, § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 19, § 22 Abs. 1 GNotKG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 79 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.
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Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen (§ 29 Abs. 2 EGGVG), da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
BayObLG, Beschluss v. 18.09.2023 – 204 VAs 281/23