…ist nicht jede Handlung als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu werten.
In dem vom BGH am 15.01.2015 entschiedenen Verfahren (2 StR 204/14) wurde der Täter, der ohne Führerschein einen PKW steuerte,von Beamten einer zivilen Ermittlergruppe mit drei zivilen Fahrzeugen verfolgt.
Als der PKW an einer roten Ampel anhielt erfolgte der Zugriff durch die Polizeibeamten derart, dass ein Polizeifahrzeug sich vor, ein Polzeifahrzeug sich hinter und ein Polizeifahrzeug sich rechts neben den vom Täter gesteuerten PKW stellte. Die Poizeibeamten stiegen sodann aus, zückten ihre Dienstausweise sowie ihre Waffen und forderten den Täter auf auszusteigen.
Der Täter dachte jedoch nicht daran auszusteigen, sondern legte aprupt den Rückwärtsgang ein und fuhr zurück um zu flüchten, wobei ein Polizeibeamter verletzt und ein Polizeifahrzeug beschädigt wurde. Nach der Kollision wurde der Fluchtversuch aufgegeben.
Das Landgericht hatte diesen Sachverhalt als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 und 3 StGB sowohl in Tateinheit mit
Sachbeschädigung (§§ 303 Abs. 1, 303c StGB, als auch mit Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) gewertet. Indem der Angeklagte D. versucht habe, sich der Polizeikontrolle durch Festnahme zu entziehen und zu diesem Zweck den PKW Smart abrupt trotz der ihn einkeilenden drei Fahrzeugezurücksetzte, habe er bewusst und gewollt mit Gewalt Widerstand gegen die rechtmäßige Diensthandlung der Polizeibeamten geleistet.
Dies ist nach der Entscheidung des BGH rechtsfehlerhaft:
Unter Widerstand ist eine aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten mit Nötigungscharakter zu verstehen, mit der die Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme verhindert oder erschwert werden soll (BGH NStZ 2013, 336).
Nach dem Schutzzweck des § 113 StGB muss die Gewalt gegen den Amtsträger gerichtet und für ihn – unmittelbar oder mittelbar über Sachen – körperlich spürbar sein (BGHSt 18, 133; Lackner/Kühl, 28. Aufl. 2014, § 113 StGB Rn. 5). Bloße Flucht vor der Polizei ist kein (gewaltsamer) Widerstand, auch wenn dadurch gegebenenfalls Dritte gefährdet oder unvorsätzlich verletzt werden (BGH NStZ 2013,
336; Fischer StGB, 62. Aufl. 2015, § 113 Rn. 23).
Danach fehle es im vorliegenden Fall an einem Widerstandleisten im Sinne von § 113 StGB. Da der schließlich verletzte Polizeibeamte vom Angeklagten unbemerkt um das Heck des PKW herumgelaufen sei, als der Angeklagte das Fahrzeug zurücksetzte, fehle es bereits an der für den äußeren Tatbestand erforderlichen, gewaltsamen, gegen die Person des Vollstreckenden gerichteten Handlung. Ebenso wenig werde der für die Verwirklichung des § 113 StGB notwendige Vorsatz deutlich, durch eine nötigende Handlung gegen den Vollstreckungsbeamten die Vollstreckungsmaßnahme zu verhindern oder zu erschweren; festgestellt sei lediglich, dass der Angeklagte die Beschädigung des Polizeifahrzeuges billigend in Kauf genommen habe, nicht jedoch, dass er die Verletzung eines der Polizeibeamten im Rechtssinne gebilligt habe.