BGH, Beschluss vom 08.02.2006 – 2 StR 575/05
Ein Schlüsselbund kann je nach Art der Verwendung ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB sein. Sein Einsatz zur Drohung ist aber dann nicht kausal für eine sexuelle Nötigung, wen die Geschädigte die Drohung erst nach Abschluss der erzwungenen Handlung bemerkt.
In diesem Fall kann aber das Beisichführen nach § 177 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 StGB erfüllt sein.
Ob auch ein der Sicherung dienender Einsatz des Werkzeugs nach Vollendung der Tat, aber vor deren Beendigung, entsprechend der Auslegung des Begriffs des Verwendens etwa in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB dem Qualifikationstatbestand unterfallen kann, ist vom Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden.
Die Anwendung des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist dann nicht nahe liegend, wenn eine Bedrohung mit dem gefährlichen Werkzeug in keinerlei Verbindung mehr mit eventuell vorausgegangenen oder beabsichtigten sexuellen Handlungen gestanden hat, z.B. als Mittel einer auf neuem Tatentschluss beruhenden Bedrohung.
Das Greifen zwischen die Beine des Tatopfers kann eine sexuelle Handlung im Sinne von § 184f Nr. 1 StGB sein. Die bloße überraschende Vornahme einer sexualbezogenen Handlung kann aber nicht als Nötigung zur Duldung dieser Handlung angesehen werden.
Ob ein Kuss die Qualität einer sexuellen Handlung hat, ist nach den gesamten Begleitumständen des Tatgeschehens zu beurteilen. Danach muss eine sozial nicht mehr hinnehmbare Rechtsgutsbeeinträchtigung zu besorgen sein. Bei einem nicht weiter qualifizierten Kuss auf den Mund kann das zweifelhaft sein, wenn zwischen den Beteiligten eine längere intime Beziehung bestanden hat.
Die Verwirklichung der Qualifikationen des § 177 Abs. 3 und 4 StGB ist im Urteilstenor kenntlich zu machen.