In seiner Entscheidung vom 8.2.2017 hat der BGH (1 StR 493/16) die Entscheidung des LG München I aufgehoben und festgestellt, dass für das Schwurgericht wohl für die Jahre 2012, 2014 und 2015 zumindest Zeitweise ein gültiger Geschäftsverteilungsplan nicht existiert hat.
Der BGH hat in seiner Entscheidung u.a. folgendes ausgeführt:
[…] Die kammerinterne Geschäftsverteilung stellt sich im Übrigen wie folgt dar:
Am 15. November 2010 haben die damaligen Mitglieder der 1. Strafkammer – Vorsitzender Richter am Landgericht H. , Richterin am Landgericht B. und die Richter am Landgericht L. und G. – einen schriftlichen Beschluss zur Geschäftsverteilung innerhalb des Spruchkörpers ab 1. Januar 2011 gefasst, der die Bildung von drei Spruchgruppen vorsah. Die Spruchgruppe 1 war zuständig für Verfahren mit gerader Endziffer, Spruchgruppe 2 mit ungerader Endziffer und Spruchgruppe 3 für Verfahren mit durch drei teilbare Endziffern. Maßgeblich für die Zuständigkeit war die Endziffer der gerichtlichen Zählkarte des Verfahrens und soweit eine solche nicht vorliegt, des gerichtlichen Aktenzeichens. Für das Jahr 2012 erfolgte kein Beschluss zur internen Geschäftsverteilung. Am 27. Dezember 2012 beschloss die Stra fkammer für den Zeitraum ab 1. Januar 2013, dass es bei der Geschäftsverteilung entsprechend dem Beschluss vom 15. November 2010 verbleibt, mit der Maßgabe, dass auf Grund eines Richterwechsels an Stelle von Richter am Landgericht L. die Richterin am Landgericht Ga. zuständig ist. Ein Beschluss zur Regelung der Geschäftsverteilung für das Jahr 2014 wurde nicht getroffen. Für das Jahr 2015 erfolgte zunächst ebenfalls keine Regelung zur kammerinternen Besetzung. Mit Beschluss vom 16. April 2015 hat die Stra fkammer ab diesem Zeitpunkt beschlossen, dass es für die kammerinterne Geschäftsverteilung bei den bisherigen Regelungen verbleibt und auf die Beschlüsse vom 27. Dezember 2012 sowie 15. November 2010 Bezug genommen.
[…]Mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann, gleichgültig von welcher Seite eine solche Manipulation ausgeht. Damit soll die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden. Die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, müssen im Voraus so eindeutig wie möglich festlegen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalls berufen sind (BVerfG, Plenumsbeschluss vom 8. April 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322 und Beschluss vom 28. Oktober 1997 – 1 BvR 1644/94, BVerfGE 97, 1). Geschäftsverteilungsund Mitwirkungsregelungen bedürfen deshalb auch der Schriftform (BGH, Beschluss vom 5. Mai 1994 – VGS 1 – 4/93, BGHZ 126, 63; BVerfG, Plenumsbeschluss vom 8. April 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322 Rz. 28).
Das Gebot des gesetzlichen Richters wird dabei nicht erst durch eine willkürliche Heranziehung im Einzelfall verletzt. Unzulässig ist vielmehr auch
schon das Fehlen einer abstrakt-generellen und hinreichend klaren Regelung, aus der sich der im Einzelfall zur Entscheidung berufene Richter möglichst eindeutig ablesen lässt (BVerfG, Plenumsbeschluss vom 8. April 1997 – 1 PBvU 1/95, BVerfGE 95, 322 Rz. 30). Entsprechend ist deshalb in § 21g Abs. 1 und 2 GVG geregelt, dass innerhalb eines mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter zu verteilen sind. Wie für die allgemeine gerichtsinterne Geschäftsverteilung gilt auch für die kammerinterne Geschäftsverteilung damit das Jährlichkeitsprinzip, nach dem die Regelung der Geschäftsverteilung mit dem Ablauf des Geschäftsjahres, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, ohne weiteres außer Kraft tritt (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2004 – 2 StR 383/03, BGHSt 49, 130).
[…] Die 1. Strafkammer verfügte im Zeitpunkt des Eingangs der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 23. März 2015 nicht über eine kammerinterne Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2015.
a) Soweit die Strafkammer, was aus dem Ablehnungsbeschluss der B esetzungsrüge vom 19. Oktober 2015 auch deutlich wird, jedenfalls mündlich beschlossen hat, dass die bisherigen Mitwirkungsgrundsätze für das Geschäftsjahr 2015 weiter anzuwenden sind, vermag dies am Fehlen einer kammerinternen Geschäftsverteilung nichts zu ändern; denn damit wird die verfassungsrechtlich gebotene Schriftform nicht beachtet.
b) Die mit Beschluss vom 16. April 2015 ab diesem Zeitpunkt von den Mitgliedern der Strafkammer geschaffene kammerinterne Geschäftsverteilung für das verbleibende Geschäftsjahr 2015 hat zwar eine ordnungsgemäße G eschäftsverteilung innerhalb des Spruchkörpers für nach diesem Zeitpunkt neu eingehende Verfahren geschaffen, kann aber für zu diesem Zeitpunkt bereits anhängige Verfahren nachträglich keinen wirksamen kammerinternen Mitwirkungsplan begründen.
Da die Garantie des gesetzlichen Richters eine generell-abstrakte Regelung über die Geschäftsverteilung innerhalb des Spruchkörpers entsprechend dem Vorausprinzip erfordert, kann maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen einer solchen Regelung nur der Zeitpunkt der Anhängigkeit eines Verfahrens beim jeweiligen Spruchkörper sein, zu dem die zuständige Spruchgruppe innerhalb der Strafkammer nach den Mitwirkungsgrundsätzen für den weiteren Verfahrensgang festgelegt wird. Für das Vorliegen einer wirksamen spruchkörperinternen Regelung zur Geschäftsverteilung darf daher nicht erst auf den Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses vom 31. Juli 2015 abgestellt werden, zu dem die Strafkammer letztlich über eine entsprechende Mitwirkungsregelung für 2015 verfügte.
c) Das Fehlen eines nach § 21g Abs. 2 GVG zu erstellenden Mitwirkungsplans für die Strafkammer war auch nicht entbehrlich. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ein Spielraum bei der Heranziehung einzusetzender Richter nicht besteht, wie es etwa bei einem nicht überbesetzten Spruchkörper der Fall ist (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2004 – 2 StR 383/03, BGHSt 49, 130). Eine solche Sonderkonstellation liegt bei der mit vier Richtern besetzten Strafkammer des Landgerichts aber nicht vor.
d) Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 15. Juni 1967 – 1 StR 516/66, BGHSt 21, 250 und vom 13. Dezember 1979 – 4 StR 632/79, BGHSt 29, 162) eine Revision nur auf eine willkürliche oder sonst missbräuchliche Nichteinhaltung der Grundsätze zur internen Geschäftsverteilung gestützt werden kann, liegt eine solche Fallgestaltung nicht vor. Diese bezieht sich lediglich auf eine Abweichung von den kammerinternen Mitwirkungsgrundsätzen, nicht aber – wie hier – auf das vollständige Fehlen einer solchen internen Geschäftsverteilung der Strafkammer gemäß § 21g Abs. 2 GVG. Auf die Frage, ob im vorliegenden Verfahren bewusst gegen eine Geschäftsverteilungsregelung verstoßen worden ist und die zugeteilte Zählkartennummer auch Auswirkungen auf die Zuteilung des Verfahrens an eine b estimmte Spruchgruppe gehabt hätte, kommt es daher nicht an.
Ob hierauf eine Wiederaufnahme von bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren erfolgreich gestützt werden kann, erscheint zumindest zweifelhaft, § 359 StPO.