Ein Verlassen des Fahreignungs-Bewertungssystems auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG – hier durch Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens – ist nur ausnahmsweise zulässig und hängt vom Vorliegen besonderer Gründe ab.
Diesen Leitsatz hat das VG Freiburg zu seinem Beschluß vom 28.11.2018 (6 K 5317/18) aufgestellt, sich damit der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 05.05.2014 – 10 S 705/14 -) sowie des OVG Berlin-Brandenburg (Beschl. v. 31.08.2018 – OVG 1 S 54.18) angeschlossen und mit der begründung, dass öffentliche Vollzugsinteresse würde überwiegen den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
[…]Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig. Mit ihm begehrt die Antragstellerin bei sachdienlicher Auslegung die Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Gegenstand dieses Widerspruchs ist der Bescheid des Landratsamts K. vom 17.07.2018 (zugestellt am 19.07.2018). Darin wurde der Antragstellerin nach vorheriger Anhörung die am 10.01.2011 erteilte Fahrerlaubnis der Klassen ABE entzogen (Ziff. 1) und sie aufgefordert, den Führerschein unverzüglich bei der Behörde abzuliefern (Ziff. 2). Der Sofortvollzug dieser beiden Regelungen wurde angeordnet (Ziff. 3) und ferner für den Fall, dass der Führerschein nicht innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung abgeliefert wird, dessen Wegnahme durch einen Vollzugsbeamten angedroht (Ziff. 4). Für die Entscheidung wurde schließlich eine Gebühr von 150 EUR zzgl. 4,11 EUR Auslagen festgesetzt.
Die aufschiebende Wirkung des hiergegen am 07.08.2018 (rechtzeitig) erhobenen Widerspruchs ist aufgrund Einzelfallanordnung hinsichtlich der beiden Grundverfügungen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) sowie kraft Gesetzes hinsichtlich des angedrohten Zwangsmittels (80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwG) und der Gebühren-/Auslagenforderung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) – hinsichtlich dieser Abgabenanforderung liegt auch der gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderliche, erfolglose Aussetzungsantrag vor – entfallen.II.
[…]VG Freiburg Beschluß vom 28.11.2018, 6 K 5317/18
Der Antrag ist unbegründet.
1.) Das öffentliche Vollzugsinteresse, welches hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 der Verfügung in formell einwandfreier Weise begründet worden ist (§ 80 Abs. 3 VwGO), überwiegt das Suspensivinteresse der Antragstellerin, vor unanfechtbarem Abschluss des Widerspruchs- und eines sich möglicherweise anschließenden Klageverfahrens vor Vollzugsfolgen verschont zu bleiben.
Die Fahrerlaubnisentziehung ist sehr wahrscheinlich rechtmäßig, so dass der zulässige Widerspruch unbegründet bleiben wird. Aufgrund der voraussichtlichen Ungeeignetheit der Antragstellerin besteht somit auch tatsächlich ein Vollzugsinteresse, sie sofort an einer weiteren Teilnahme am Straßenverkehr durch Führen eines Kraftfahrzeugs zu hindern.
Rechtsgrundlage der Fahrerlaubnisentziehung ist § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen. Der Schluss auf die Ungeeignetheit der Antragstellerin ergibt sich hier aus § 11 Abs. 8 Satz 1 und 2 FeV. Bringt danach der Fahrerlaubnisinhaber ein von der Fahrerlaubnisbehörde gefordertes Gutachten nicht bzw. nicht fristgerecht bei, darf bzw. muss diese bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser darauf bei der Gutachtensanforderung hingewiesen worden ist. Das Landratsamt hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 29.03.2018 aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten bis zum 29.05.2018 vorzulegen. Hierbei hat die Behörde, wie in § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV gefordert, auf die Rechtsfolgen bei einer nicht fristgerechten Beibringung hingewiesen. Diese später mit Schreiben vom 07.05.2018 bis zum 29.06.2018 verlängerte Frist zur Vorlage verstrich, ohne dass die Antragstellerin ein Gutachten vorgelegt hat. Die Anforderung des Gutachtens ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig gewesen.
a.) Die Gutachtensanordnung war nicht schon von vornherein wegen eines etwaigen Vorrangs des Fahreignungs-Bewertungssystems gehindert. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG ist das Fahreignungs-Bewertungssystem nämlich nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 StVG oder der Fahrerlaubnisverordnung ergibt. Ein Verlassen des Fahreignungs-Bewertungssystems auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG muss allerdings die Ausnahme bleiben und vom Vorliegen besonderer Gründe abhängen. Denn hierdurch hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass mit Punkten bewertete Verkehrsverstöße grundsätzlich noch keine Eignungsüberprüfung auslösen sollen, sondern in der Regel das Instrumentarium des § 4 StVG anzuwenden ist. Maßnahmen außerhalb des Systems wie die Entziehung der Fahrerlaubnis oder zumindest – wie hier – die Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens sind deshalb nur in besonderen Ausnahmekonstellationen zulässig, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber beispielsweise durch die beharrliche und häufige Begehung von – isoliert betrachtet auch nicht gewichtigen – Verkehrszuwiderhandlungen oder durch einen erheblichen Verkehrsverstoß verkehrsauffällig geworden ist und sich aus einem derartigen Verhalten Fahreignungsmängel oder zumindest Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten lassen. Die Fahrerlaubnisbehörde muss dabei im Einzelnen unter Auswertung aller konkreten Umstände näher begründen, warum sie aus besonderen Gründen im Einzelfall, der sich erheblich vom Normalfall sonstiger Verkehrsteilnehmer mit einem Punktestand abheben muss, aufgrund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art, der Häufigkeit oder des konkreten Hergangs der Verkehrsverstöße Eignungsbedenken hegt, die sofortige weitergehende Aufklärungsmaßnahmen etwa durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung gebieten, ohne dem Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor die abgestuften Hilfsangebote des § 4 StVG wahrzunehmen (vgl. zum früheren, bis 30.04.2014 geltenden Punktsystem und § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG a.F.: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.05.2014 – 10 S 705/14 –, Rn. 7 – 8, juris; vgl. entsprechend für die Rechtslage seit 01.05.2014: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31.08.2018 – OVG 1 S 54.18 –, Rn. 19 – 21, juris).
Solche hinreichenden Ausnahmegründe hat die Fahrerlaubnisbehörde hier dargelegt. Sie hat, gestützt auf die Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts vom 08.03.2018 zum Inhalt des Fahreignungsregisters, ausgeführt, dass die Antragstellerin wiederholt Verkehrszuwiderhandlungen in Gestalt von Geschwindigkeitsüberschreitungen (außerhalb geschlossener Ortschaften) und (in einem Fall) der Benutzung eines Auto- oder Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeugs begangen hat, welche auf ein ausgeprägtes Maß an Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen anderer Verkehrsteilnehmer und die Inkaufnahme hoher Risiken bei der Verkehrsteilnahme hinwiesen. Gleichwohl hat die Behörde noch nicht darin, sondern erst in der von der Antragstellerin begangenen Straftat des vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (begangen am 15.11.2017 und geahndet durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts S. vom 27.11.2017) – also einer gewichtigen Verkehrszuwiderhandlung – die Schwelle erreicht gesehen, um von Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht auszugehen. Dies erachtet die Kammer für überzeugend. Darauf, dass möglicherweise die mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid der Stadt S. vom 10.06.2013 geahndete Verkehrszuwiderhandlung (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h) gemäß § 29 StVG a.F. (Geltung bis 30.04.2014) i.V.m. § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG n.F. (Geltung ab 01.05.2014) tilgungsreif und somit nicht mehr verwertbar gewesen sein könnte, kommt es nicht an. Denn die Abweichung vom Fahreignungs-Bewertungssystem hat die Behörde mit der begangenen Straftat begründet. Hierbei handelte es sich um eine erhebliche Steigerung verkehrswidrigen Verhaltens der Antragstellerin, da sie vorsätzlich ein verhängtes Fahrverbot missachtet und sich dadurch – wie vom Landratsamt zutreffend begründet – in erheblicher Weise uneinsichtig gezeigt hatte. Deshalb durfte die Behörde zu Recht charakterliche Eignungsbedenken hegen und ein „Noch-Ausreichen“ des Fahreignungs-Bewertungssystems verneinen. Bedeutsam ist dabei, dass dieser Straftat in den Jahren 2016 und 2017 mehrere gemäß § 29 Abs. 1 StVG n.F. noch nicht tilgungsreife und folglich verwertbare Verkehrszuwiderhandlungen vorangegangen waren, und zwar
– am 01.08.2016 eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 39 km/h (geahndet mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid der Stadt F. vom 14.11.2016),
– am 23.08.2016 die verbotswidrige Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons als Führer eines Kraftfahrzeugs (geahndet mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid der Stadt F. vom 28.10.2016) und
– am 15.08.2017 die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um 65 km/h (geahndet mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid des Landratsamts B. vom 13.09.2017 sowie ferner Anlass des deshalb von dieser Behörde festgesetzten Fahrverbots im Zeitraum 09.10.2017 bis 08.12.2017).
Die Einwände der Antragstellerin gegen die Berücksichtigung dieser Verkehrszuwiderhandlungen greifen nicht durch. Die sie ahndenden Bußgeldbescheide sind sämtlich rechtskräftig geworden, ohne dass sich die Antragstellerin hiergegen gewendet hätte. Dass zwischen den beiden Zuwiderhandlungen des Jahres 2016 und denjenigen vom August und November 2017 mehr als ein Jahr lag, ist unerheblich. Innerhalb welcher Zeitspanne der betreffende Sachverhalt zum Anlass für die Beibringung eines Eignungsgutachtens gemacht werden darf, bestimmt sich grundsätzlich nach den einschlägigen Tilgungs- und Verwertungsvorschriften. Solange der anlassgebende Sachverhalt danach noch – wie hier – verwertbar ist, besteht für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung, ob die gegebenen Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründen, grundsätzlich kein Raum mehr (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.09.2015 – 10 S 778/14 –, Rn. 38 – 40, juris).
Unzutreffend ist schließlich auch die Rechtsauffassung, § 3 Abs. 4 StVG hindere hier eine Berücksichtigung der Straftat des vorsätzlichen Verstoßes gegen ein Fahrverbot, da das Strafgericht eine Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB offensichtlich nicht für erforderlich gehalten habe. Die genannte Vorschrift ist hier nämlich nicht einschlägig. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG darf die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren nicht zum Nachteil des Fahrerlaubnisinhabers von der Beurteilung seiner Fahreignung in einem Strafurteil abweichen, wenn die Tatsachengrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis mit dem Gegenstand der Urteilsfindung in dem Strafverfahren übereinstimmt. Mit dieser Vorschrift soll die sowohl dem Strafrichter (vgl. § 69 StGB) als auch der Verwaltungsbehörde (vgl. § 3 Abs. 1 StVG) eingeräumte Befugnis, bei fehlender Kraftfahreignung die Fahrerlaubnis zu entziehen, so aufeinander abgestimmt werden, dass Doppelprüfungen unterbleiben und die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschaltet wird (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.10.2015 – 10 S 1491/15 –, Rn. 8, juris). Die damit vorausgesetzte Berücksichtigung in einem behördlichen Entziehungsverfahren liegt hier indessen nicht vor, da das vorsätzliche Fahren trotz Fahrverbots nicht zum Anlass für eine Entziehung, sondern (nur) zum Anlass für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens genommen wurde. Eine entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 4 StVG kommt nicht in Betracht. Selbst wenn man diese bejahen wollte, ergäbe sich zu Gunsten der Antragstellerin jedoch nichts. Denn die Bindungswirkung lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Verwaltungsbehörde den schriftlichen Urteilsgründen sicher entnehmen kann, dass überhaupt und mit welchem Ergebnis das Strafgericht die Fahreignung beurteilt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.07.2016 – 10 S 77/15 –, Rn. 36, juris). An einer derart erforderlichen Substantiierung fehlt es im Strafbefehl vom 27.11.2017.
Dass die Fahrerlaubnisbehörde am 29.03.2018 gerade noch nicht von der mangelnden Eignung der Antragstellerin zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen ist, sondern zunächst nur eine Maßnahme der Gefahrerforschung ergriffen und die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert, erst aber aus dessen Nichtvorlage auf die Ungeeignetheit geschlossen hat, ist schließlich auch für die Frage einer zulässigen Abweichung vom Fahreignungs-Bewertungssystem von Bedeutung. In einer solchen Konstellation sind die Anforderungen an die Umstände, die ausnahmsweise ein Abrücken vom Fahreignungs-Bewertungssystem ermöglichen, nämlich nicht zu überspannen. Denn die von der Behörde ergriffene Maßnahme zur Aufklärung der Eignungszweifel bleibt in ihrer Eingriffsintensität deutlich hinter der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis zurück (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.05.2014, a.a.O., Rn. 11).
b.) Die somit aller Voraussicht nach unter zulässiger Abweichung vom Fahreignungs-Bewertungssystem erfolgte Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Schreiben vom 29.03.2018 entspricht schließlich sehr wahrscheinlich den an sie zu stellenden formellen und materiellen Voraussetzungen. Sie findet ihre Rechtsgrundlage, wie vom Landratsamt zutreffend ausgeführt, in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 FeV (i.V.m. § 46 Abs. 3 FeV). Die Gutachtenanordnung erfüllt die strengen formellen Voraussetzungen des § 11 Abs. 6 FeV (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.07.2016, a.a.O., Rn. 42 ff.). In der Aufforderung sind die der Antragstellerin zur Last gelegten Umstände, die die Zweifel an ihrer Fahreignung rechtfertigen, eindeutig und nachvollziehbar dargelegt worden. Im Fall sind diese zugleich identisch mit der (zutreffenden – s.o. bei a.) Begründung, warum vom Fahreignungs-Bewertungssystem abgewichen wurde. Die der Antragstellerin – wie erforderlich – in der Anordnung mitgeteilte Untersuchungsvorgabe: „Ist aufgrund der erheblichen/wiederholten Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften und der aktenkundigen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, und der dadurch entstandenen Zweifel an der charakterlichen Eignung zu erwarten, dass Frau X. auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen/strafrechtliche Bestimmungen, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, verstoßen wird?“ ist anlassbezogen und verhältnismäßig. Trotz ihrer Zielrichtung, der Klärung einer charakterlichen Eignung, ist die Anforderung eines medizinisch-psychologischen und nicht nur eines psychologischen Gutachtens berechtigt. Eine ärztliche Untersuchung wegen einer nicht von vornherein auszuschließenden medizinisch zu beurteilen Beeinträchtigung, die zu der Verkehrsauffälligkeit geführt hat, ist nämlich regelmäßig nicht entbehrlich (vgl. zur Problematik von Teilgutachten im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung: Geiger, DAR 2011, 244 [246]).
Anhaltspunkte dafür, dass das Landratsamt die ihm durch § 11 Abs. 3 FeV eröffnete Ermessensentscheidung fehlerhaft getroffen hätte, gibt es schließlich nicht. Die von der Vorschrift geforderten Ermessenserwägungen fließen regelmäßig in die Prüfung ein, ob konkrete und hinreichend gewichtige Eignungszweifel vorliegen. Ergibt die Würdigung der Behörde, dass die festgestellten Tatsachen nach Art und Gewicht aussagekräftige Anzeichen für aufklärungsbedürftige Eignungszweifel sind, besteht ohne das Vorliegen besonderer Umstände kein Anlass dafür, dass die Behörde ihre diesbezüglichen Überlegungen nochmals im Rahmen einer ausdrücklich als solcher bezeichneten Ermessensausübung wiederholt. Denn wenn durch konkrete Tatsachen begründete Zweifel an der körperlichen, geistigen oder – wie hier in Rede stehend – charakterlichen Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers bestehen, hat die Behörde im Interesse der Verkehrssicherheit im Regelfall weitere Ermittlungen anzustellen. Liegen – wie hier – keine besonderen Umstände vor, die dafür sprechen, trotz der festgestellten Eignungsbedenken von weiteren Aufklärungsmaßnahmen abzusehen, besteht deshalb im Rahmen der typisierenden Regelung des § 11 FeV kein Anlass zu weitergehenden gesonderten Ermessenserwägungen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.09.2015, a.a.O.).
2.) Das Gebot der sofortigen Ablieferung des Führerscheins findet seine Rechtsgrundlage in § 47 Abs. 1 FeV. Auch insoweit ist die Anordnung des Sofortvollzugs weder formell noch materiell zu beanstanden. Es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, dass die Antragstellerin sofort den Führerschein abgibt, um nicht den Anschein erwecken zu können, weiterhin im Besitz der Fahrerlaubnis zu sein. Auch an der Rechtmäßigkeit der weiteren Entscheidungen in Gestalt der Androhung eines Zwangsmittels und der Gebührenfestsetzung bestehen schließlich keine ernstlichen Zweifel, so dass es beim bereits kraft Gesetzes bestehenden Sofortvollzug verbleiben kann.