In seiner Entscheidung vom 15.07.2010 in dem Verfahren 2 Ss-OWi 276/10 hat sich das OLG Frankfurt ausführlich mit den Konkurrenzen bei Lenk- und Ruhezeitverstößen von Fahrer und Unternehmer befasst und in den Gründen u.a. folgendes ausgeführt:
[…] a) Nach dem festgestellten Sachverhalt ist das Amtsgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betroffene vorsätzlich gegen das Gebot, als Unternehmer für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten zu sorgen, verstoßen hat.
b) Das Amtsgericht hat dabei das Unterlassen des Betroffenen rechtsfehlerfrei als einen einheitlichen Verstoß gegen § 8a Abs. 1 Nr. 2 FPersG gewertet und nur eine einzige Geldbuße festgesetzt. Der Senat hält fest an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach die von dem Unternehmer zu treffenden Maßnahmen (z.B. regelmäßige Belehrungen und wöchentliche Kontrollen des Fahrers) nur Ausfluss einer einheitlichen Aufsichtspflicht, die eine ständige Überwachung des Fahrpersonals gebietet, sind. Ein Anlass, von dieser bereits bzgl. des §§ 7 a Abs. 1 Nr. 3 lit. b, 7 b Abs. 1 Nr. 3 lit. B FPersG a.F. und bzgl. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 lit. b FPersG a.F. obergerichtlich vertretenen Rechtsauffassung (OLG Düsseldorf NJW 2008, 930-932; OLG Koblenz, VRS 102, 291-296; BayObLG VRS 92, 238-240) abzuweichen, besteht nicht. Denn auch bzgl. der seit dem 14. Juli 2007 geltenden Vorschrift des § 8 a FPersG kann ein dem Unternehmer vorzuwerfendes Unterlassen der regelmäßigen Belehrungen und Kontrollen nicht in einzelne rechtliche selbständige Unterlassungen zergliedert werden.
Dass im Unterschied zu dem Fahrer für den Unternehmer nicht die einzelnen Fahrverstöße maßgebend sein sollen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 8a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 FPersG. Während nämlich ordnungswidrig im Sinne der genannten Vorschrift handelt, wer nicht dafür sorgt, dass die in der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 genannten Lenkzeiten, die genannte Fahrtunterbrechung und die genannten Ruhezeiten vom Fahrer eingehalten werden, handelt der Fahrer ordnungswidrig im Sinne der genannten Vorschrift, wenn er die genannte Lenkzeit, die genannte Fahrtunterbrechung oder die genannte Ruhezeit nicht einhält. Diese Differenzierung innerhalb der Vorschrift des § 8a FPersG legt nahe, dass es sich bei dem Unternehmer um eine einheitliche, umfassende Aufsichts- und Überwachungspflicht handelt, während der Fahrer mit jedem einzelnen Verstoß gegen die Bestimmungen der EU-Vorschrift ordnungswidrig handelt.
Die von dem Amtsgericht in seinen nicht tragenden Entscheidungsgründen angeführten Bedenken bzgl. einer „einheitlichen Aufsichtspflicht“ greifen nicht, denn es soll entgegen der Annahme des Amtsgerichts gerade keine allumfassende „einheitliche Aufsichtspflicht gegenüber dem Fahrpersonal“ bzw. „einheitliche Aufsichtspflicht nach dem FPersG“ konstruiert werden, sondern – entsprechend dem Wortlaut des § 8 a Abs. 1 Nr. 2 FPersG – allein eine Aufsichtspflicht gegenüber den Fahrern bgzl. des Einhaltens der Lenkzeiten, der notwendigen Fahrtunterbrechung und der notwendigen Ruhezeiten zugrunde gelegt werden. Die Ausgestaltung dieser auf die Einhaltung konkreter Vorschriften bezogenen Aufsichtspflicht ist wiederum abhängig vom Einzelfall und kann sich in regelmäßigen Belehrungen und wöchentlichen Kontrollen erschöpfen oder darüber hinausgehende arbeitsrechtliche Maßnahmen, wie z.B. eine Abmahnung des Fahrers, erfordern.
Im Hinblick auf die gemäß Verordnung (EG) Nr. 2135/98 erfolgte Einführung des digitalen Aufzeichnungsgerätes und somit der elektronischen Aufzeichnung der Tätigkeiten des Fahrers auf seiner Fahrerkarte über einen Zeitraum von 28 Tagen, welche auch der im Rahmen des § 8 a FPersG maßgeblichen Verordnung (EG) 561/2006 zugrunde liegt, erscheint es jedoch angebracht, die einheitliche Aufsichtspflicht des Unternehmers ebenfalls jeweils auf den sich daraus ergebenden Überwachungszeitraum von 28 Tagen zu erstrecken bzw. zu begrenzen. Dass dieser Überwachungszeitraum auch für nicht mit einem elektronischen Aufzeichnungsgerät ausgerüstete Fahrer maßgebend ist, ergibt sich daraus, dass auch für solche Fahrer gemäß Art. 16 Abs. 3 der Verordnung (EG) 561/2006 ein Arbeitsplan für einen Zeitraum von jeweils 28 Tagen zu erstellen ist. Spätestens nach 28 Tagen ist der Unternehmer somit gehalten, die Einhaltung der Vorschriften anhand der ihm vorliegenden und von ihm aufzubewahrenden Aufzeichnungen zu kontrollieren. Dies lässt es angemessen erscheinen, nach diesem Zeitraum jeweils eine Zäsur bzgl. der einheitlichen Überwachungspflicht des Unternehmers zu setzen. Damit löst sich im Ergebnis auch der von dem Amtsgericht in seinen nicht tragenden Gründen beanstandete Wertungswiderspruch zwischen Ahndung des Fahrers und Ahndung des Unternehmers auf, da ein andauerndes Unterlassen des Unternehmers bzgl. seiner Überwachungspflicht alle 28 Tage einen neuen – zu vorangegangenen Verstößen in Tatmehrheit stehenden – Aufsichtspflichtverstoß begründet.
[…]Das Amtsgericht ist vorliegend – unter Beachtung der Entscheidung des Senats vom 15. Dezember 2009 (Az. 2 Ss-OWi 454/09) davon ausgegangen, dass trotz der Überschneidung der beiden für die Doppelwochenverstöße maßgebenden Tatzeiträume, nämlich 14. April 2008 bis 27. April 2008 einerseits und 21. April 2008 bis 04. Mai 2008 andererseits, keine unzulässige Doppelverwertung vorliegt.
An der vorgenannten Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung indes seit seinem Beschluss vom 13. Juni 2010 (Az. 2 Ss-OWi 17/10) nicht mehr fest. Er vertritt nunmehr die Auffassung, dass bei der Betrachtung des Aufzeichnungszeitraums von 28 Tagen zunächst unter Beachtung des Verbots der Doppelbestrafung alle Doppelwochenverstöße zu ermitteln sind, wobei in dem genannten Tatzeitraum maximal zwei – nämlich sich in der Tatzeit nicht überschneidende – Doppelwochenverstöße denkbar sind, die zueinander in Tatmehrheit stehen; ist es innerhalb der Doppelwochenverstöße zusätzlich zu Wochenverstößen und/oder Tagesverstößen gekommen, stehen diese zu dem jeweiligen Doppelwochenverstoß in Tateinheit (vgl. Senat, Beschl. v. 13. Juni 2010 – 2 Ss-OWi 17/10). Kommt es nur zu einem Doppelwochenverstoß, stehen einzelne Wochenverstöße, die nicht von dieser Doppelwoche miterfasst werden, in Tatmehrheit; entsprechendes gilt für Tagesverstöße, die nicht von Doppelwochen und Wochenverstößen miterfasst sind (vgl. Senat a.a.O.).
Danach ist dem Fahrer im vorliegenden Fall in dem sich insgesamt über drei Wochen erstreckenden Tatzeitraum vom 14. April 2008 bis 04. Mai 2008 nur ein Doppelwochenverstoß anzulasten, nämlich vom 14. April 2008 bis zum 27. April 2008. Die in diese Zeit fallenden Lenkzeitüberschreitungen stehen zu dem Doppelwochenverstoß in Idealkonkurrenz. Die Feststellung eines weiteren Doppelwochenverstoßes – vor oder nach der Doppelwoche vom 14. April bis zum 27. April 2008 – ist vorliegend nicht möglich, da der verbleibende Tatzeitraum der überprüften 28 Tage weitere volle zwei Wochen vor dem 14. April 2008 oder nach dem 27. April 2008 nicht ergibt.
Da die „Konkurrenzkorrektur“ bzgl. der dem Fahrer zur Last gelegten Verstöße keine Verringerung des durch den Betroffenen im Rahmen des Verstoßes gegen seine Aufsichtspflicht verwirklichten Tatunrechts bedeutet, vermag der Senat auszuschließen, dass der Tatrichter bei Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Senats eine niedrigere Geldbuße festgesetzt hätte. Gegen die Höhe der vom Amtsgericht verhängten Geldbuße gibt es auch im Übrigen nichts zu erinnern.
Die Entscheidung kann hier auf den Seiten des Hessenrechts im Volltext abgerufen werden.