In seiner Entscheidung vom 7.2.2019 ( 6 V 240/18) hat das FG Hamburg sich im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes eingehen mit der Frage der Hinzuschätzung von Einnahmen bei der Betriebsprüfung eines Döner-Imbisses befasst.
Das Gericht hat zu seiner Entscheidung folgende Leitsätze aufgestell:
- Eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts besteht bei überwiegenden Bargeschäften, wenn keine Einzelaufzeichnungen vorgelegt werden und die Tagesendsummenbons keine Stornierungen ausweisen.
- Die Schätzung kann auf einen externen Betriebsvergleich gestützt werden, wenn das Speisenangebot sehr vielfältig ist, die Relevanz der einzelnen Warengruppen schwer ermittelbar ist und die fehlenden Überprüfungsmöglichkeiten von der Antragstellerin zu vertreten sind.
Aus den Entscheidungsgründen:
[…]II. 1. Die nur zum Teil zulässigen Anträge (dazu unter a)) auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) haben in der Sache, soweit sie zulässig sind, keinen Erfolg (dazu unter b)).
a) Der Antrag des Antragstellers ist unzulässig, soweit er sich gegen die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide und der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag richtet.Insoweit fehlt es an der für den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz notwendigen Antragsbefugnis, vgl. § 40 Abs. 2 FGO analog. Danach ist der Antrag nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies ist bei den oben genannten Bescheiden nicht der Fall. Allein die Antragstellerin ist Adressatin der genannten Bescheide, sie ist Inhaberin des Imbiss-Betriebes. Eine Möglichkeit der Rechtsverletzung des Ehemanns besteht nicht.
Anders ist dies bei den Einkommenssteuerbescheiden. Insoweit ist der Antragsteller auch antragsbefugt, als er – wie hier – Fehler in dem den anderen Ehegatten betreffenden Bereich geltend macht (vgl. Braun in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO-Kommentar, Stand: Nov 2016; § 40 FGO Rn. 252). Denn der gegen beide Eheleute ergangene Zusammenveranlagungsbescheid ist ein zusammengefasster Steuerbescheid nach § 155 Abs. 3 AO, der gegen beide Eheleute als Gesamtschuldner gerichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1987, VI R 149/84, BStBl II 1987, 852).
b) Die Anträge sind, soweit sie zulässig sind, in der Sache unbegründet.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO).
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2017, X B 16/17, BFH/NV 2017, 1204). Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen, irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt allerdings nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 2017, X B 16/17, BFH/NV 2017, 1204; vom 16. Juni 2011, IV B 120/10, BFH/NV 2011,1549). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO) ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2017, X B 16/17, BFH/NV 2017, 1204). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (vgl. BFH-Beschluss vom 20. März 2002, IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.). In Bezug auf die Feststellungslast gelten dieselben Grundsätze wie im Hauptsacheverfahren.Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide bestehen nach der gebotenen summarischen Prüfung anhand der präsenten Beweismittel nicht (aa)). Zudem liegt keine unbillige Härte vor (bb)).
aa) Nach summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, denn die Voraussetzungen für eine Schätzung lagen vor ((1)) und diese ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden ((2)).(1) Der Antragsgegner war zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen befugt.
Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) sind Besteuerungsgrundlagen durch die Finanzbehörde zu schätzen, soweit es sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 AO) also dann, wenn sie nicht den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen. Eine Hinzuschätzung darf bei formellen Buchführungsmängeln dann erfolgen, wenn diese Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln (BFH-Beschlüsse vom 14. August 2018, XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1 m. w. N.; vom 12. Juli 2017, X B 16/17, BFH/NV 2017, 1204). Jedenfalls dann, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden, können Mängel der Kassenführung den gesamten Aufzeichnungen die Ordnungsgemäßheit nehmen (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2017, X B 16/17, BFH/NV 2017, 1204). Dies ist der Fall, wenn die Verletzung der formellen Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung dazu führt, dass keine Gewähr mehr für die Vollständigkeit der Erfassung der Bareinnahmen gegeben ist (BFH-Beschluss vom 14. August 2018, XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1).
Danach war der Antragsgegner im Streitfall gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO zur Schätzung befugt, weil die Aufzeichnungen der Antragstellerin nach summarischer Prüfung nicht ordnungsgemäß sind und Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit des Aufzeichnungsergebnisses anzuzweifeln. Die Antragstellerin musste die Anforderungen, die für Einnahme-Überschuss-Rechner gelten, erfüllen ((a)) und hat dies nicht getan ((b)). Dies führt zur Schätzungsbefugnis des Antragsgegners ((c)).
(a) Die Antragstellerin, die ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG) ermittelt, war nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu führen. Aus den Aufzeichnungen müssen die vereinbarten – bzw. in den Fällen des § 20 UStG die vereinnahmten – Entgelte für die vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen zu ersehen sein (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 5 UStG). Die Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit möglich ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren Vorsteuern zu erhalten und die Grundlagen für die Steuerberechnung festzustellen (§ 63 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung – UStDV -). Gemäß § 146 Abs. 1 AO in der im Streitjahr noch geltenden Fassung (vor den Änderungen durch das Gesetz vom 22. Dezember 2016, BGBl I 2016, 3152) sind die erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen „täglich“ festgehalten werden.Eine ordnungsgemäße Aufzeichnung von Bareinnahmen in den Fällen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung bei Sachverhalten, in denen die Führung von Einzelaufzeichnungen nicht ohnehin als zwingend anzusehen ist, liegt vor, wenn entweder eine geordnete Belegablage mit Einzelaufzeichnungen der Erlöse gegeben ist oder wenn ein Verzicht sowohl auf Einzelaufzeichnungen als auch auf ein tägliches Auszählen des Kassenbestands vorliegt, aber die Ursprungsaufzeichnungen aufbewahrt werden und Abgleich von Soll- und Ist-Bestand der Kasse „in gewissen Abständen“ (insbesondere bei der Nutzung von Registrierkassen) erfolgt; oder wenn sowohl auf Einzelaufzeichnungen als auch auf die Aufbewahrung von Ursprungsbelegen verzichtet wird, aber täglich tatsächlich die Kasse ausgezählt wird und das in fortlaufenden Kassenberichten dokumentiert wird. Demgegenüber genügt das bloße Aufschreiben des täglichen (Gesamt-)Umsatzes ohne Aufbewahrung weiterer Belege den Anforderungen nicht (BFH-Beschluss vom 12. Juli 2017, X B 16/17, BFH/NV 2017, 1204).
(b) Diese Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aufzeichnung von Bareinnahmen erfüllt die Antragstellerin bei summarischer Prüfung nicht.
Die Antragstellerin hat keine Einzelaufzeichnungen über die Zusammensetzung ihrer Einnahmen vorgelegt. Sie hat auch nicht die Ursprungsaufzeichnungen aufbewahrt oder täglich die Kasse ausgezählt und dies in fortlaufenden Kassenberichten dokumentiert. Insoweit genügen die vorgelegten Tagesendsummenbons nicht. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Kassenführung konnte nämlich nicht auf der Grundlage der Tagesendsummenbons geprüft und festgestellt werden. Diese wiesen nach den unwidersprochenen Angaben des Betriebsprüfers keine Stornierungen aus. Infolge der fehlenden Stornobuchungen lässt sich nicht mehr feststellen, ob lediglich Fehlbuchungen oder auch Einnahmebuchungen gelöscht worden sind. Die erforderliche Vollständigkeit der Buchungen ist infolge dieser Veränderungen nicht gewährleistet (vgl. BFH-Beschluss vom 14. August 2018, XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1 m. w. N.).
Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin (freiwillig) ein Kassenbuch geführt hat. Nach summarischer Prüfung wurde dieses nämlich nicht – wie erforderlich – täglich, sondern nur wöchentlich geführt. Dies genügt nicht den oben dargelegten Anforderungen an die Aufzeichnungspflicht.
Die Antragstellerin kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, sie habe eine Registrierkasse benutzt, die den im Prüfungszeitraum geltenden Anforderungen entsprochen habe. Anders als sie vorträgt, kommt für sie das BMF-Schreiben vom 27.11.2010 zur Anwendung: Im Streitfall benutzte die Antragstellerin eine Registrierkasse der Marke Casio QT 6100. Diese war nach den unwidersprochenen Angaben des Betriebsprüfers aufrüstbar. Daher fällt sie nicht unter die in dem BMF-Schreiben genannte Ausnahme für Kassen, die bauartbedingt digitale Unterlagen nicht aufbewahren können. Vielmehr hätten die dort genannten Anforderungen zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen erfüllt werden müssen. Dies ist unstreitig nicht der Fall: Einzelaufzeichnungen konnten nicht vorgelegt werden, weil nach Angaben der Antragstellerin die Kasse keine Einzeldaten habe speichern können. Selbst wenn die Antragstellerin unter den vorherigen Erlass vom 9. Januar 1996 (IV A 8-S 0310-5/95) fallen würde, hätte sie dessen Anforderungen nicht genügt: So hält der Erlass ausdrücklich fest, dass nach § 147 Abs. 1 Nr. 4 AO die Tagesendsummenbons mit Ausdruck des Nullstellungszählers (fortlaufende sog. „Z-Nummer“ zur Überprüfung der Vollständigkeit der Kassenberichte), der Stornobuchungen (sog. Managerstornos und Nach-Stornobuchungen), Retouren, Entnahmen sowie der Zahlungswege (bar, Scheck, Kredit) und alle weiteren im Rahmen des Tagesabschlusses abgerufenen Ausdrucke der EDV-Registrierkassen (z. B. betriebswirtschaftliche Auswertungen, Ausdrucke der Trainingsspeicher, Kellnerberichte, Spartenberichte) im Belegzusammenhang mit dem Tagesendsummenbon aufbewahrt werden müssen. Dies ist – wie oben ausgeführt – nicht erfolgt.
(c) Die formellen Mängel berechtigen den Antragsgegner zur Schätzung.Die Kassenaufzeichnungen der Antragsgegnerin können der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Die Kassenaufzeichnungen der Antragstellerin weisen – wie aufgezeigt – gravierende Unvollständigkeiten auf. Es handelt sich nach den unwidersprochenen Angaben des Betriebsprüfers in seinem Bericht nicht nur um wenige punktuelle Fehler bei einzelnen Tagesendsummenbons, sondern die Tagesendsummenbons weisen generell die Stornierungen nicht aus. Fehlende Stornobuchungen in Tagesendsummenbons sind dann, wenn überwiegend Bargeschäfte getätigt werden, von so erheblichem Gewicht, dass diese Fehler die gesamte Buchführung ergreifen (vgl. BFH-Beschluss vom 14. August 2018, XI B 2/18, BFH/NV 2019, 1 m. w. N.). Andere Grundaufzeichnungen existieren nicht.
Die Antragstellerin hat in den Streitjahren ganz überwiegend Bargeschäfte getätigt, so dass die Mängel der Kassenführung Anlass geben, insgesamt die sachliche Richtigkeit des Aufzeichnungsergebnisses anzuzweifeln.(2) Auch soweit sich die Antragsteller gegen die Höhe der Hinzuschätzungen wenden, greifen ihre Einwendungen bei summarischer Prüfung nicht durch. Das Gericht hat im Ergebnis keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hinzugeschätzten Einnahmen. Es folgt im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 162 AO) der Hinzuschätzung des Antragsgegners und sieht sie als maßvoll und sachgerecht an.
Im Rahmen der Schätzung können Tatsachenfeststellungen auch mit einem geringeren Grad an Überzeugung getroffen werden, als dies in der Regel geboten ist. Der Grad der grundsätzlich erforderlichen Gewissheit verringert sich dabei so weit, dass der Sachverhalt aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen festgestellt werden darf. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss aber schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2003, IV B 85/02, BStBl II 2004, 25). Die Auswahl zwischen verschiedenen Schätzungsmethoden steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamtes bzw. des Finanzgerichts. Ermessensleitend ist dabei das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahe kommen (BFH-Urteil vom 25. März 2015, X R 20/13, BStBl II 2015, 743). Bei einer gröblichen Verletzung steuerlicher Verpflichtungen, vor allem auch hinsichtlich der Buchführung, geht die einer jeden Schätzung anhaftende Unsicherheit zu Lasten des Steuerpflichtigen. Zwar muss das Finanzamt auch bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Steuerpflichtigen bestrebt sein, die Besteuerungsgrundlagen so zu schätzen, dass für ihre Richtigkeit die größte Wahrscheinlichkeit spricht. Die Anwendung dieses Grundsatzes führt indessen bei groben Verstößen gegen die steuerlichen Pflichten in der Regel nicht zur Abgrenzung eines sehr engen Schätzungsrahmens. Im allgemeinen ist das Finanzamt nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, in diesem Schätzungsrahmen an die oberste Grenze zu gehen um im Interesse der steuerlichen Gerechtigkeit und zum Schutz der ihre steuerlichen Pflichten erfüllenden Staatsbürger in jedem Fall auszuschließen, dass Steuerpflichtige durch gröbliche Verletzung ihrer Pflichten im Ergebnis bessergestellt werden als pflichtgetreue Steuerpflichtige (BFH-Urteil vom 9. März 1967, IV 184/63, BStBl III 1967, 349).
Nach diesen Maßstäben ist die Wahl der Schätzungsmethode ermessensgerecht ((a)) und die Höhe der Hinzuschätzungen sachgerecht ((b)).
(a) Die Schätzung kann auf einen externen Betriebsvergleich gestützt werden.
Die von der Antragsgegnerin erklärten RGAS in Höhe von 77 – 86 % sind nicht plausibel und weichen erheblich von den üblichen Werten ab. Das Speisenangebot des Imbisses der Antragstellerin ist sehr vielfältig und die Relevanz der einzelnen Warengruppen bei der Einnahmeerzielung ist schwer ermittelbar. Damit scheidet eine betriebsinterne Nachkalkulation aus. In den streitgegenständlichen Jahren bewegten sich die RGAS für „Imbisse“ im Jahr 2013 zwischen 133 % – 376 % im Jahr 2014 zwischen 144 % – 376 % und im Jahr 2015 zwischen 144 % – 376 % und für „Gast- und Speisewirtschaften“ waren die RGAS sogar noch höher. Warum die erklärten RGAS so viel niedriger als die in den amtlichen Richtsatz-Sammlungen veröffentlichten Werte für vergleichbare Gewerbeklassen sind, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Zu Recht hat der Betriebsprüfer ausgeführt, dass die begrenzten Möglichkeiten für einen Verzehr vor Ort und der damit zusammenhängende geringe Anteil an verkauften Getränken ein typischer Umstand für Imbissbetriebe sei und – anders als von der Antragstellerin geltend gemacht – die Abweichung nach unten von den RGAS gerade nicht begründen könne.
Hinzu kommt, dass große Manipulationsmöglichkeiten (fast ausschließlich Bargeschäfte) bestehen und die fehlenden Überprüfungsmöglichkeiten von der Antragstellerin zu vertreten sind. Auch aus diesem Grunde ist ein externer Betriebsvergleich sachgerecht (vgl. auch: FG Kiel, Urteil vom 6. März 2012, 2 K 101/11, juris; FG München, Urteil vom 20.10.2009, 15 K 219/07, juris).Zutreffend hat der Antragsgegner eine Geldverkehrs- und Vermögenszuwachsrechnung mit dem Argument ablehnt, dass diese einen unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwand im konkreten Fall verursachen würde. Die im Einspruchsverfahren eingereichten Kontoauszüge des Privatkontos der Eheleute ermöglichen eine solche Rechnung nicht, weil schon nicht klar ist, ob es sich dabei um das einzige Konto handelte. Dass diese Angaben nicht verlässlich erscheinen, ergibt sich schon daraus, dass bereits Falschangaben über das Vermögen (Eigentumsverhältnisse an der selbstgenutzten Wohnimmobilie) gemacht wurden. Auch wenn auf die selbstgenutzte Wohnimmobilie eine Grundschuld zugunsten des Bruders des Antragstellers eingetragen ist, ändert dies nichts daran, dass der Antragsteller formell und materiell Eigentümer dieser Immobilien war und ist.
[…] FG Hamburg 6. Senat, Beschluss vom 07.02.2019, 6 V 240/18
(b) Die im Eilverfahren in Rede stehende Schätzungshöhe, die auf einem RGAS von 191 % beruht, ist plausibel und ermessengerecht.
Im Eilverfahren ist lediglich eine Schätzung aufgrund des oben genannten Wertes und nicht die der Einspruchsentscheidung zugrundeliegende Schätzungshöhe, die auf einem RGAS von 238 % beruht, zu überprüfen, weil der Antragsgegner Aussetzung der Vollziehung für den Betrag, der auf einer Schätzung beruht, die einen RGAS von 191 % übersteigt, bereits gewährt hat.
Die RGAS durfte der Antragsgegner anhand von Richtsatzwerten aus der Gewerbeklasse „Imbisse“ ermitteln. Eine eigene Gewerbeklasse für „Döner-Läden“ gibt es nicht. Der Betrieb der Antragstellerin fällt unter die Gewerbeklasse Imbiss. Einen solchen zeichnet aus, dass dort ein kleinere Mahlzeit eingenommen oder mitgenommen werden kann. Dabei halten sich die Gäste – anders als in einer Gaststätte – grundsätzlich nur kurz in dem Laden auf. Ein Imbiss ist dadurch gekennzeichnet, dass an der Ladentheke bestellt und das Essen – sollte es vor Ort verzehrt werden – eigenständig zum Platz gebracht wird. In der Regel sind die Ladenflächen eines Imbisses auch sehr begrenzt und deutlich kleiner als bei einer Gaststätte. Der Betrieb der Antragstellerin fällt unter diese Merkmale. So hatte die Antragstellerin typische Speisen zum Mitnehmen im Angebot und nur eine kleine Ladenfläche, die nicht darauf ausgelegt war, die Kunden – wie in einem Lokal – für längere Zeit aufzunehmen. Zugunsten der Antragstellerin ist für das Eilverfahren – ohne weitere Prüfung der Speisekarten und des Ladens – anzunehmen, dass die Antragstellerin unter die Gewerbeklasse „Imbiss“ fällt und nicht auch die RGAS, die für Gaststätten und Pizzerien gelten, herangezogen werden müssen.
Der zugrunde gelegte RGAS von 191 % liegt weit unter den durchschnittlichen RGAS, die für Imbissbetriebe in den Streitjahren galten: Der durchschnittliche RGAS für Imbissbetriebe betrug nach der amtlichen Richtsatz-Sammlung 2013 213 %, 2014 223 % und 2015 223 %. Dabei kann zugunsten der Antragstellerin zugrunde gelegt werden, dass insoweit ein Abschlag wegen des begrenzten Platzangebots und des daraus folgenden Getränkeumsatzes gemacht werden darf. Ob dies tatsächlich notwendig sein sollte oder ob dies nicht vielmehr ein typisches Merkmal von Imbissbetrieben ist, bleibt der Aufklärung im Hauptsacheverfahren ebenso vorbehalten, wie die vom Betriebsprüfer vorgenommenen Aufschläge auf den Mittelwert. Diese spielen hier keine Rolle, weil über einen Wert von 191% Aussetzung der Vollziehung bereits bewilligt worden ist. Auch die mögliche – aber bisher nicht näher dargelegte – Beeinträchtigung durch den Umbau des U-Bahnhofs im Prüfungszeitraum ist in den Ansatz mit diesem niedrigen RGAS eingeflossen.
Es musste kein Abschlag über 191 % hinaus für einen ungewöhnlichohen Warenverderb berücksichtigt werden. Zum einen ist ein Warenverderb bei der Richtsatzsammlung bereits berücksichtigt und in die Ermittlung der RGAS eingeflossen. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Argumente zum Warenverderb treffen nicht nur sie, sondern alle „Döner-Läden“, deren RGAS in die amtliche Richtsatzsammlung eingeflossen sind. Die eingereichten Bilder stellen Momentaufnahmen dar und belegen nicht einen überdurchschnittlich hohen Verderb. Es ist auch nicht erkennbar, was mit den dort abgebildeten Spießen anschließend geschah.
Das so gewonnene Ergebnis ist auch wirtschaftlich möglich. Der Vortrag im Einspruchsverfahren, dass aufgrund der Größe des Geschäfts die Umsatzzahlen nicht möglich seien, überzeugt das Gericht nicht. So sind die Angaben zu den Dönerpreisen zum einen nicht belegt und zum anderen betreffen diese Kalkulationen nur die Warengruppe „Döner“. Das Angebot der Antragstellerin umfasste aber in den Streitjahren z.B. auch Pizza, Currywurst, Croque und Getränke. Für diese Warengruppen fehlt es an Nachkalkulationen. Hinzu kommt, dass es auch nicht einsichtig erscheint, dass sich der Umsatz nur auf die Mittags- und Abendstunden konzentriert haben soll. Aufgrund der Lage des Betriebs in der Nähe eines U-Bahnhofes und mehrere Buslinien und der daraus resultierenden Laufkundschaft ist vielmehr anzunehmen, dass durchgängig in den Öffnungszeiten stetig anhaltender Verkauf von Imbissen erfolgte. Die aus der Schätzung resultierenden Mehreinnahmen von ca. … € pro Tag (bei einem zugrunde gelegten RGAS von 238 %) führen – unter Berücksichtigung der sehr guten Lage und der langen Öffnungszeiten – zu realistischen Tageseinnahmen von rund … € brutto.
Ob die Antragstellerin weitere Angestellte hatte, denen Löhne gezahlt wurden, was zu höheren Betriebsausgaben geführt hätte, ist nicht entscheidungserheblich, weil es insoweit schon an einem Vortrag der Antragstellerin fehlt, der das Gericht in die Lage versetzten würde, insoweit zusätzliche Betriebsausgaben zu schätzen.
bb) Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Vollziehung der Bescheide für die Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge haben könnte, bestehen nicht. Die Antragsteller haben nur pauschal behauptet, dass sie eine Verpflichtung zur sofortigen Begleichung der streitgegenständlichen Abgaben in erhebliche wirtschaftliche Bedrängnis bringen würde, ohne dies näher zu erläutern oder glaubhaft zu machen.