In seinem Beschluss vom 26.09.2016 (1 Ws 145/16) hat das OLG Braunschweig sich erneut mit den Gebühren eines Zeugenbeistandes auseinandergesetzt und folgenden Leitsatz aufgestellt:
In den Entscheidungsgründen führt das OLG u.a. aus:
[…] Dem Beschwerdeführer steht nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 06.07.2010, 1 Ws 163/10, zitiert nach juris; Beschluss vom 08.06.2011, 1 Ws 124/11, unveröffentl.) als Beistand des Zeugen Z die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzte Verfahrensgebühr in Höhe von 3 x 200,00 EUR gem. Nr. 4301 VV RVG für den Beistand in drei Hauptverhandlungsterminen nebst Auslagenpauschale (20,00 €) und Umsatzsteuer – insgesamt also 737,80 € – zu.Auf den Beistand sind nach der Vorbemerkung 4 Abs.1 Teil 4 VV RVG die Vorschriften dieses Teils entsprechend anzuwenden. Umstritten ist, ob diese Verweisung im Fall der Beiordnung nach § 68 b StPO zur entsprechenden Anwendung von Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG (Gebühren des Verteidigers, Nr. 4100ff. VV RVG) oder zur Anwendung von Teil 4 Abschnitt 3 (Einzeltätigkeiten, hier Nr. 4301 Ziffer 4) führt. Der Senat lehnt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht ab, nach der die Tätigkeit des Zeugenbeistands uneingeschränkt wie die eines Verteidiger zu vergüten ist (vgl. dazu Übersicht OLG Düsseldorf im Beschluss vom 05. Feb. 2009, III-3 Ws 451/08, Rn.11 auch m. weit. Nachweisen zur Lit., OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Sept. 2009, III-4 Ws 322/09, LS 2, beide zitiert nach juris).
Es ist der mittlerweile bei den Oberlandesgerichten herrschenden Auffassung zu folgen, dass einem Rechtsanwalt, der als Zeugenbeistand gem. § 68 b StPO für die Dauer der Vernehmung beigeordnet wurde, grundsätzlich nur eine Gebühr wegen einer Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zusteht (OLG Hamburg, Beschluss vom 05. Mai 2010, 2 Ws 34/10, LS; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juli 2009, 2 Ws 159/09, LS, mit der sich der 2. Senat der Meinung der übrigen
4 Strafsenate des OLG Hamm anschließt, Rn. 7ff.; KG Berlin, Beschluss vom 07. Mai 2009, 1 Ws 47/09, Rn. 3; Thüring. OLG, Beschluss vom 09. Feb. 2009, 1 Ws 370/08, LS, Rn. 14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. Feb. 2009, III – 3 Ws 451/08, LS, Rn. 14ff. m. weit. Nachweisen zur Rspr. und Lit. (Rn. 13)). Auf die eingehende Begründung des Senatsbeschlusses vom 06.07.2010, 1 Ws 163/10, wird Bezug genommen.Dieser Ansicht haben sich jüngst auch andere Oberlandesgerichte unter ausdrücklicher Aufgabe ihrer früheren anderslauten Rechtsprechung und ausdrücklichem Anschluss an die mittlerweile herrschende Auffassung angeschlossen (so etwa OLG Köln, 03.05.2016, III – 2 Ws 138/16, 2 Ws 138/16,
Rn. 10; OLG Koblenz, Beschluss v. 30.11.2015, 2 Ws 656/15, Rn. 12, OLG München, Beschluss vom 07.03.2014, 4c Ws 4/14, Rn. 17, zitiert nach juris).Für die herrschende und vom Senat bereits in ständiger Rechtsprechung vertretene Ansicht spricht darüber hinaus auch die jüngere Gesetzgebungsgeschichte. So ergibt sich aus den Materialien zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG), dass die Bundesregierung vorgeschlagen hatte, die amtliche Vorbemerkung zu Teil 4 VV RVG dahingehend zu ändern, dass der Zeugenbeistand die „gleichen Gebühren“ wie ein Verteidiger bekommen sollte (BT-Drucksache 17/11471 S. 281). Der Bundesrat hat diesen Vorschlag jedoch explizit abgelehnt und unter Hinweis auf die deutlich geringere Verantwortung des Zeugenbeistandes gegenüber der des Verteidigers und die hierdurch bedingten geringeren Rechte (kein Antrags- und Fragerecht sowie ein gem. § 475 StPO eingeschränktes Akteneinsichtsrecht) ausgeführt, es sei nicht sachgerecht, für den Zeugenbeistand die gleichen Gebühren anzusetzen wie für einen Verteidiger (BR-Drucksache 517/1/12, S. 94; vgl. auch OLG Köln, 03.05.2016, III – 2 Ws 138/16, 2 Ws 138/16, Rn. 12 f., zitiert nach juris). Als weiteres Argument wurde aufgeführt, dass anderenfalls eine gebührenrechtlich motivierte Zunahme von Anträgen auf anwaltlichen Zeugenbeistand befürchtet werde.
3. Da für die Tätigkeit des Zeugenbeistandes jeweils lediglich die Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV RVG entsteht, kann der Beschwerdeführer keine Festsetzung des Längenzuschlags nach Nr. 4122 VV RVG begehren. Denn wenn die Termingebühr (Nr. 4120 VV RVG), die nur einem Verteidiger nicht jedoch einem Zeugenbeistand zusteht, nicht entstehen kann, kann auch der Längenzuschlag nach Nr. 4121 oder 4122 VV RVG, welcher an die Nr. 4120 VV RVG anknüpft, nicht entstehen.
4. Allerdings steht dem Zeugenbeistand nach ständiger Rechtsprechung der Oberlandesgerichte neben der Gebühr gemäß Nr. 4301 VV RVG auch die Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 € zu (OLG Braunschweig, Beschluss v. 06.07.2010, 1 Ws 163/10, zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss v. 03.05.2016, III-2 Ws 138/16, 2 Ws 138/16, Rn. 17, zitiert nach juris). Diese war dem Beschwerdeführer auf seine Beschwerde in Abänderung der Beschlüsse des Landgerichts Braunschweig zuzusprechen.
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