Mit Beschluss vom 11. Juli 2017 (2 StR 220/17) hat der BGH ein Urteil des Landgerichts Darmstadt aufgehoben mit dem der Täter wegen tateinheitlichem Diebstahls von 3 Kraftfahrzeugen zu 3 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war aufgehoben und sich ausführlich mit den Voraussetzungen der Mittäterschaft beim PKW-Diebstahl auseinandergesetzt:
[…] Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte als Mittäter der drei zur Tateinheit (§ 52 StGB) verbundenen Fahrzeugdiebstähle anzusehen sei. Nach seiner teilgeständigen Einlassung sei zu Beginn der Reise noch unklar gewesen, wer welchen konkreten Tatbeitrag erbringen solle. Daraus folge, dass der Angeklagte nicht nur zum Abtransport, sondern auch zur Entwendung der Fahrzeuge bereit gewesen sei. Der Abtransport des (ersten) Fahrzeugs durch den Angeklagten sei für den Taterfolg wesentlich gewesen, da o hne seine Mitwirkung die beiden weiteren Fahrzeuge nicht hätten entwendet werden können. Dies, so das Landgericht, habe dem Angeklagten „bewusst sein müssen“, da ihm die Technik des Kraftfahrzeugdiebstahls – die Entwendung von mit einem so genannten „Keyless-Go-System“ ausgestatteten Kraftfahrzeugen unter Einsatz eines „Funkwellenverlängerers“ – bekannt gewesen sei. Er habe auch ein erhebliches eigenes Interesse am Taterfolg gehabt, weil er „für den Abtransport des ersten Fahrzeugs“ 500,00 Euro habe erhalten sollen.
2. Diese Feststellungen und Erwägungen tragen die Annahme von Mittäterschaft nicht.
a) Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB setzt einen gemeinsamen Tatentschluss voraus, auf dessen Grundlage jeder Mittäter einen objektiven Tatbeitrag leisten muss. Bei der Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass dieser als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Mai 2017 – 4 StR 617/16, juris Rn. 13; vom 22. März 2017 – 3 StR 475/16, juris Rn. 12; Urteil vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 – 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).
b) Gemessen hieran begegnet die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Allein die festgestellte vorherige Kenntnis des Angeklagten von der Tat und sein Wille, diese als gemeinsame anzusehen, kann eine Mittäterschaft nicht begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2015 – 3 StR 336/15, NStZ-RR 2016, 6, 7; vgl. aber auch BGH, Urteil vom 15. Juli 1999 – 5 StR 155/99, NStZ 1999, 609, 610; MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 25 Rn. 27 ff.). Soweit das Landgericht in den festgestellten Tatbeiträgen des Angeklagten – der im Vorfeld der Tat erfolgten Zusage, das erste der entwendeten Kraftfahrzeuge zu übernehmen und nach Litauen zu überführen sowie der unmittelbar nach der Entwendung des ersten Fahrzeugs erfolgten Übernahme und des Fahrtantritts in Richtung Litauen – die Tatbestandsverwirklichung fördernde Tatbeiträge angesehen hat, begegnet dies zwar für sich genommen keinen Bedenken. Das Landgericht hat jedoch nicht erkennbar geprüft, ob der an einer Kreuzung in Tatortnähe wartende Angeklagte Tatherrschaft oder jedenfalls den Willen zur Tatherrschaft hatte. Dies verstand sich vorliegend in Ansehung aller Umstände des Einzelfalls nicht von selbst. Hinzu tritt, dass der Tatrichter nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen hat, dass der Angeklagte sich nach Übergabe des ersten Fahrzeugs mit diesem vom Tatort entfernt hat und die Ausführung der weiteren Diebstähle – soweit ersichtlich – seinem Einfluss und seinem Willen entzogen waren. Zwar hat das Landgericht – im rechtlichen Ansatzpunkt zutreffend – in seine Erwägungen eingestellt, dass der Angeklagte ein erhebliches eigenes Tatinteresse hatte, und dies damit begründet, dass er „für den Abtransport des ersten Fahrzeugs“ eine Entlohnung in Höhe von 500,00 Euro erhalten sollte. Damit ist ein erhebliches Eigeninteresse des Angeklagten an der Entwendung auch der beiden weiteren Kraftfahrzeuge jedoch nicht belegt. Darüber hinaus hat das Landgericht nicht erkennbar in seine Erwägungen eingestellt, dass der Angeklagte von P. und dem unbekannt gebliebenen weiteren Täter ein so genanntes Arbeitshandy ausgehändigt erhielt, über das ihm Anweisungen für die Rückreise erteilt werden sollten; dies hätte in die gebotene umfassende Abwägung aller für und gegen eine Mittäterschaft sprechenden Umstände eingestellt werden müssen.
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