Keine gute Idee!
Denn in Straf- und Bußgeldverfahren ist in Rheinland-Pfalz eine Einreichung formbedürftiger elektronischer Dokumente auf sicherem Übertragungsweg ohne qualifizierte elektronische Signatur erst ab dem 1. Januar 2020 wirksam möglich.
In dem vom OLG Zweibrücken am 11.03.2019 entschiedenen Verfahren (1 Ws 314/18 Vollz) hatte der Verteidiger innerhalb der Einlegungsfrist eine Rechtsbeschwerdeschrift als elektronisches Dokument aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a BRAO (beA) bei der elektronischen Eingangsstelle des Landgerichts eingereicht. Dieses elektronische Dokument nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortlichen Person, sondern lediglich mit einer einfachen Signatur versehen.
Das Gericht hat das Rechtsmittel als unzulässig, weil nicht den Formvorgaben des § 118 Abs. 3 i.V.m. § 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG, § 41a Abs. 1 StPO [in der Fassung vom 18.07.2017] genügend, verworfen und hierzu folgenden Leisatz aufgestellt:
Aus den Entscheidungsgründen:
[…]Der Antragsteller befindet sich seit dem 25. März 2010 im Maßregelvollzug nach § 63 StGB in der Klinik der Antragsgegnerin. Mit Beschluss vom 18. September 2018 hat das Landgericht drei von ihm gestellte Anträge auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Vollzugslockerungen als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner durch den ihm beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten eingelegten Rechtsbeschwerde, mit der er an den ursprünglichen Verpflichtungsanträgen festhält. Zugleich hat er beantragt, ihm für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 28. Januar 2019 hat der Antragsteller zudem beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung des Rechtsmittels zu gewähren.II.
Der Rechtsbeschwerde bleibt ein Erfolg versagt.
1.
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt. Es ist nicht geboten, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG); insoweit sieht der Senat von einer weitergehenden Begründung ab (§ 119 Abs. 3 StVollzG).2.
[…]
Die Rechtsbeschwerde ist zudem nicht innerhalb der Frist des § 118 Abs. 1 S. 1 StVollzG wirksam erhoben. Nach dieser Bestimmung muss die Rechtsbeschwerde bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird (§ 118 Abs. 1 S. 2 StVollzG). Die Frist ist nur gewahrt, wenn der Antragsteller als Beschwerdeführer die Erklärung in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgibt (§ 118 Abs. 3 StVollzG).
a) Zwar ist die mit Verfügung der Einzelrichterin vom 19. September 2018 angeordnete Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Verfahrensbevollmächtigten des Untergebrachten nicht nachgewiesen, weil ein Empfangsbekenntnis nicht zu den Akten gelangt ist. Eine Ausfertigung der angegriffenen Entscheidung ist diesem jedoch nach eigener Mitteilung spätestens am 4. Oktober 2018 über die Mutter des Untergebrachten zugegangen. Hierdurch ist ein evtl. Mangel der Zustellung geheilt worden (§ 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG i.V.m. § 37 StPO, § 189 ZPO). Denn der Verfahrensbevollmächtigte hat seine Empfangsbereitschaft dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er sich im Rahmen der Rechtsbeschwerdeschrift auf den Inhalt der ihm zugegangenen Ausfertigung eingelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 23.11.2004 – 5 StR 429/04, juris Rn. 6). Die Frist des § 118 Abs. 1 S. 1 StVollzG endete danach (spätestens) am Montag, den 5. November 2018 (§ 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG i.V.m. § 43 Abs. 1 und 2 StPO).
b) Der Verfahrensbevollmächtigte des Untergebrachten hat am 9. Oktober 2018 und damit noch innerhalb der Einlegungsfrist eine Rechtsbeschwerdeschrift als elektronisches Dokument bei der elektronischen Eingangsstelle des Landgerichts eingereicht. Dieses elektronische Dokument genügt jedoch nicht den Formvorgaben des § 118 Abs. 3 i.V.m. § 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG, § 41a Abs. 1 StPO [in der Fassung vom 18.07.2017].
aa) Das vom Verfahrensbevollmächtigten des Untergebrachten aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a BRAO (beA) übermittelte elektronische Dokument ist nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortlichen Person versehen. Es ist daher nicht geeignet, die Rechtsbeschwerdefrist zu wahren (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. April 2006 – 10 A 11741/05, juris Rn. 3). Zwar sieht § 32a Abs. 3 StPO vor, dass ein elektronisches Dokument nicht mit einer solchermaßen qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein muss, wenn es von der verantwortlichen Person signiert und auf einem der in § 32a Abs. 4 StPO genannten sicheren Übermittlungswege eingereicht wird. Als sicher gilt danach auch der Übermittlungsweg zwischen dem beA und der elektronischen Poststelle des Gerichts (§ 32a Abs. 4 S. 2 StPO).
bb) Der Bundesgesetzgeber hat jedoch den Landesregierungen ermöglicht, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Einreichung elektronischer Dokumente abweichend von § 32a StPO erst zum 1. Januar 2019 oder 2020 möglich ist (vgl. § 15 S. 1 EGStPO). Hiervon hat das Land Rheinland-Pfalz Gebrauch gemacht und durch § 1 der Verordnung zur Ausführung des § 15 EGStPO und des § 134 OWiG festgelegt, dass die Einreichung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 32a StPO in Verfahren nach der StPO, dem OWiG und solchen Gesetzen, die, wie das Strafvollzugsgesetz in § 120 Abs. 1, auf die Anwendung dieser Vorschriften verweisen, erst ab dem 1. Januar 2020 möglich ist. Bis zu diesem Zeitpunkt finden § 41a StPO und § 110a OWiG in den am 31. Dezember 2017 [nachfolgend: a.F.] jeweils geltenden Fassungen weiter Anwendung (§ 1 Abs. 2 der vorgenannten VO).
cc) Aufgrund des im Zeitpunkt des Eingangs der Rechtsbeschwerdeschrift bei der elektronischen Poststelle des Landgerichts danach weiterhin anzuwendenden § 41a Abs. 1 StPO a.F. hätte das elektronische Dokument nur dann das nach § 118 Abs. 3 StVollzG gegebene Erfordernis der „Unterzeichnung“ wahren können, wenn es mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen gewesen wäre (§ 41a Abs. 1 S. 1 StPO a.F.). Die von § 32a Abs. 3 und 4 StPO vorgesehenen Erleichterungen bei Wahl eines sicheren Übermittlungsweges waren in § 41a StPO a.F. nicht vorgesehen. Auch die auf Grundlage von § 41a Abs. 2, Abs. 1 S. 2 StPO a.F. erlassene Landesverordnung sieht eine solche erleichterte Übermittlung nicht vor (vgl. § 2 der VO über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz [ERVLVO] vom 10.07.2015 [GVGBl. 2015, 175]).
c) Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat zwar nach Ablauf der Rechtsbeschwerdeeinlegungsfrist mit am 28. Januar 2019 auf elektronischem Wege eingereichten und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenem Schriftsatz einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist gestellt und seine Ausführungen zur Rechtsbeschwerde wiederholt. Der Wiedereinsetzungsantrag war jedoch zu verwerfen, ohne dass es auf die Frage fehlenden Verschuldens ankommt. Denn ein erfolgreicher Antrag auf Wiedereinsetzung könnte bloß die Folgen der Fristsäumnis beseitigen, nicht aber andere Zulässigkeitshindernisse beheben (Valerius in MünchKomm-StPO, 1. Aufl., § 44 Rn. 80). Wegen des Fehlens der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG verbliebe es daher auch bei Gewährung von Wiedereinsetzung bei der Unzulässigkeit des Rechtsmittels.
OLG Zweibrücken vom 11.03.2019, 1 Ws 314/18 Vollz