In dem vom Landgericht Darmstadt am 4.11.2019 entschiedenen Verfahren (3 Qs 427/19) hatte zuvor das AG Offenbach gegen die Beschwerdeführerin die Einziehung von 79.468 € angeordnet, nachdem der strafrechtliche Vorwurf des (Sozialhilfe-)Betrugs verjährt und das Strafverfahren eingestellt worden war.
Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht nunmehr im Hinblick auf erhebliche Verfahrensmängel und das Nichtvorliegen eines Eröffnungsbeschlusses den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und auch das selbständige Einziehungsverfahren eingestellt.
Die Entscheidung im Volltext:
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beschluss des Amtsgerichts Offenbach vom 21.06.2019 wird aufgehoben.
Das selbständige Einziehungsverfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Einziehungsbeteiligten fallen der Staatskasse zur Last.Gründe:
LG Darmstadt 3 Qs 427/19 v. 4.11.2019
Die Staatsanwaltschaft Offenbach hat zu Lasten der Beschwerdeführerin die Einziehung von 79.468,– € im selbständigen Einziehungsverfahren beantragt, nachdem der strafrechtliche Vorwurf des (Sozialhilfe-)Betruges verjährt war und das Strafverfahren deshalb nach § 170 Abs.2 StPO eingestellt worden war. Das Amtsgericht hat die Antragsschrift dem Verteidiger gegen EB und der Einziehungsbeteiligten formlos zur Stellungnahme binnen 2 Wochen zugestellt bzw. übersandt. Eine zwischenzeitliche Stellungnahme des Verteidigers war dem Strafrichter nicht vorgelegt worden, der durch den angefochtenen Beschluss dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprach, wobei die inhaltliche Begründung durch sogenanntes „Klammern“ wörtlich aus der Antragsschrift übernommen wurde.
Die sofortige Beschwerde der Einziehungsbeteiligten ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung und Einstellung des Verfahrens.
Das Verfahren des Amtsgerichts leidet unter ganz erheblichen Mängeln. Die Ausgestaltung des selbständigen Einziehungsverfahrens ergibt sich aus § 435 StPO mit entsprechenden Verweisungen auf andere Verfahrensvorschriften. Dies gilt gemäß § 435 Abs. 3 StPO insbesondere für die Durchführung des Zwi¬schenverfahrens, indem etwa die Übersendung der Antragsschrift nach § 201 StPO und die Notwendigkeit eines Eröffnungsbeschlusses nach § 203 StPO vorgeschrieben werden. Schon die bloße Übersendung der Antragsschrift zur Stellungnahme entspricht nicht mehr den Bestimmungen der §§ 201 — 202 StPO, es ist auch zweifelhaft, ob das Amtsgericht nicht auf die Möglichkeit hätte hinweisen müssen, dass eine mündliche Verhandlung nach § 436 i.V. m. § 434 Abs. 3 StPO durch die Einziehungsbeteiligte hätte beantragt werden können. Letztlich durchgreifend ist jedoch das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses nach § 203 StPO. Dieser kann in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr nachgeholt wer¬den (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, Rdnr. 4 zu § 203 StPO). Sein Fehlen kann nicht durch Zurückverwesung geheilt werden, sondern zwingt zur Einstellung nach § 206 a StPO (vgl. Schmitt a.a.O.). Diese allgemeinen Grundsätze gelten durch Verweisung auf die entsprechenden Normen auch im selbständigen Einziehungsverfahren.
Es kommt deshalb auch nicht mehr darauf an, ob etwa das Fehlen des rechtlichen Gehörs durch Nichtvorlage des Verteidigerschriftsatz vor der Entschei¬dung zu einer Zurückverweisung gezwungen hätten.
Die Kammer weist auch ausdrücklich auf die Entscheidung BGH 3 StR 192/18 hin, da zumindest Taten aus dem Beginn 2007 bei Inkrafttreten der neuen Regelungen zur Einziehung verjährt gewesen sein können.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht § 467 StPO.
Vorhergehend AG Offenbach 218 Ds 1300 Js 87917/12