Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 31. August 2016 (4 StR 197/16) das Urteil des Landgerichts teilweise aufgehoben und zur Tathandlung der Nachstellung Gem. § 238 I StGB in den Entscheidungsgründen u.a. folgendes ausgeführt:
[…] Tathandlung des § 238 Abs. 1 StGB ist das unbefugte Nachstellen durch beharrliche unmittelbare und mittelbare Annäherungshandlungen an das Opfer oder näher bestimmte Drohungen im Sinne des § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB.
Dabei wohnen dem Begriff der Beharrlichkeit objektive Momente der Zeit sowie subjektive und normative Elemente der Uneinsichtigkeit und Rechtsfeindlichkeit inne; er ist nicht bereits bei bloßer Wiederholung erfüllt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Täter aus Missachtung des entgegenstehenden Willens oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den Wünschen des Opfers mit der Absicht handelt, sich auch in Zukunft immer wieder entsprechend zu verhalten. Der Beharrlichkeit ist immanent, dass der Täter uneinsichtig auf seinem Standpunkt b esteht und zäh an seinem Entschluss festhält, obwohl ihm die entgegenstehenden Interessen des Opfers bekannt sind. Die erforderliche ablehnende Haltung und gesteigerte Gleichgültigkeit gegenüber dem gesetzlichen Verbot manifestieren sich darin, dass der Täter den vom Opfer ausdrücklich oder schlüssig geäußerten entgegenstehenden Willen bewusst übergeht. Dabei ergibt sich die Beharrlichkeit aus einer Gesamtwürdigung der verschiedenen Handlungen, bei der insbesondere der zeitliche Abstand zwischen den Angriffen und deren innerer Zusammenhang von Bedeutung sind (zum Gan zen: BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 244/09, BGHSt 54, 189, 194 f. mwN).
bb) Dies zugrunde gelegt, belegen die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen die Annahme, der Angeklagte habe beharrlich im Sinne des § 238 Abs. 1 StGB gehandelt, nicht hinreichend.
(1) Greift der Täter mit seinen Handlungen besonders intensiv in die Rechte des Opfers ein, so mögen bereits wenige Vorfälle, unter Umständen auch eine einzige Wiederholung, das erforderliche Maß an rechtsfeindlicher Gesinnung und Hartnäckigkeit zu belegen. Voraussetzung ist aber auch dann, dass die einzelnen Handlungen des Täters einen ausreichenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufweisen und von einem fortbestehenden einheitlichen Willen des Täters getragen sind (vgl. BGH aaO).
(2) Einen solchen fortbestehenden einheitlichen Willen des Angeklagten hat die Strafkammer indes nicht festgestellt. Sie verweist zwar darauf, dass der Angeklagte gehandelt habe, um die Nebenklägerin „zur Wiederaufnahme der Beziehung zu bringen“ (UA S. 7). Allein diesem Bestreben lassen sich indes die der Beharrlichkeit immanenten subjektiven Elemente der Uneinsichtigkeit und Rechtsfeindlichkeit sowie eine besondere Hartnäckigkeit und gesteigerte Gleichgültigkeit gegenüber den Wünschen des Opfers nicht entnehmen. Mit diesen Merkmalen der Beharrlichkeit befasst sich das Landgericht weder in den Feststellungen noch in der Beweiswürdigung oder der – ohne Subsumtion vorgenommenen – rechtlichen Würdigung. Vielmehr teilt die Strafkammer am Ende der Sachverhaltsdarstellung sogar ausdrücklich mit, dass sie weitere Feststellungen nicht treffen konnte (UA S. 9).
(3) Der Senat kann den für das Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen den Handlungen des Angeklagten und deren subjektiven Elemente angesichts der Besonderheiten des Falles auch dem Gesamtzusammenhang nicht hinreichend sicher entnehmen.
Um die Nebenklägerin „zur Wiederaufnahme der Beziehung zu bringen“
(UA S. 7) nahm der Angeklagte schon vom 7. bis zum 14. April 2015 mehrfach per E-Mail oder Brief Kontakt zu ihr auf, versicherte ihr seine Liebe und erklärte, an der Beziehung festhalten zu wollen (UA S. 9). Nach dem Geschehen vom 17./18. April 2015 übernachtete der Angeklagte – ersichtlich mit deren Zustimmung – bei der Nebenklägerin und es kam zum Geschlechtsverkehr, bei dem die Kammer „nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen konnte, ob der Geschlechtsverkehr in beiden Fällen tatsächlich … gegen ihren Willen durchgeführt worden ist“ (UA S. 15), so dass zugunsten des Angeklagten von dessen einvernehmlicher Vornahme auszugehen war. Auch gab die Nebenklägerin selbst an, dass es noch nach der von ihr am 8. Dezember 2014 erwirkten Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz jedenfalls bis zum 26. Mai 2015 zu häufigeren einvernehmlichen Kontakten und auch einvernehmlichem Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten gekommen sei (UA S. 14). Schließlich könne – so die Strafkammer – auch hinsichtlich der E-Mails und des Briefs von Anfang/Mitte April 2015 (also kurz vor der 1. Tat) „nicht nachgewiesen werden, dass der Angeklagte in Kenntnis dessen, dass er unbefugt Kontakt zu der Nebenklägerin aufgenommen hat, tätig geworden ist. Denn aufgrund der zwischenzeitlichen einvernehmlichen Kontakte, die die Nebenklägerin eingeräumt hat, konnte der Angeklagte nicht davon ausgehen, dass er ihr keine Nachrichten zukommen lassen darf, in denen er ihr – wie geschehen – seine Liebe versichert und erklärt, er wolle an der Beziehung festhalten“ (UA S. 25).
Vor diesem Hintergrund lässt sich den Feststellungen nicht hinreichend entnehmen, dass der Angeklagte mit einem fortbestehenden einheitlichen – nicht durch Aussöhnungen unterbrochenem und anschließend neu gefasstem – Willen handelte und uneinsichtig an einem von Anfang an eingenommenen Standpunkt und gefassten Entschluss festhielt, obwohl ihm die entgegenstehenden Interessen des Opfers bekannt waren.
(4) Da es somit schon an tragfähigen Feststellungen zum Schuldspruch wegen Nachstellung mangelt, bedarf keiner Ausführungen, ob die Strafkammer rechtsfehlerfrei – ohne dies näher zu erörtern – ein insgesamt vorsätzliches Handeln des Angeklagten angenommen und rechtsfehlerfrei auch die – zu wesentlichen Punkten widersprüchlichen und nicht konstanten – Angaben der Nebenklägerin dem Schuldspruch wegen Nachstellung zugrunde gelegt hat.
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