Macht sich ein Verkäufer der Untreue schuldig, wenn er ein Anzahlung auf den Kaufpreis annimmt und diesen Betrag nicht etrennt von anderen Firmengeldern verwahrt; § 266 StGB?
In dem vom BGH in seinem Beschluss vom 4.12.2018 (2 StR 421/18) entschiedenen Fall war der Angeklagte zunächst vom Landgericht im Hinblick darauf, dass er Anzahlungen nicht getrennt vom Firmenvermögen verwart hat, aufgrund ener vermeintlichen Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht, wegen Untreue verurteilt worden.
Dies wurde vom Landgericht maßgeblich damit begründet, dass der Angeklagte die Anzahlung angenommen und nicht von anderen Firmengeldern getrennt habe und so die vom Angeklagten vertretene Gesellschaft nicht jederzeit willens und in der Lage gewesen sei, die Anzahlung an die Besteller bei nicht Zustandekommen des Kaufvertrages zurückzuzahlen.
Dem hat der BGH eine Absage erteilt, die diesbezüglichen Verurteilungen aufgehoben und das Verfahren insoweit eingestellt.
Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB setze voraus, dass der Täter gegenüber dem (potentiell) Geschädigten eine inhaltlich besonders herausgehobene, nicht nur beiläufige Pflicht zur Wahrnehmung von dessen Vermögensinteressen innehat, die über die für jedermann geltenden Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, hinausgehe.
Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus Austauschverhältnissen, würden nicht ausreichen. Dies gelte auch dann, wenn sich hieraus Rücksicht- oder Sorg-faltspflichten ergeben würden.
Aus den Entscheidungsgründen:
[…]Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 18 Fällen, Untreue in acht Fällen und veruntreuender Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfah-rensverzögerung sechs Monate dieser Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich die auf die all-gemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Angeklagten aus verfahrensökonomischen Gründen eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II.10, II.12 und II.15 der Urteils-gründe wegen Untreue in drei Fällen verurteilt worden ist. Die Feststellungen des Landgerichts tragen den Schuldspruch wegen Untreue nicht. Das Landge-richt hat die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht in allen drei Fällen aus der Forderung bzw. der Entgegennahme einer Anzahlung für eine verbindliche Bestellung eines Wohnmobilkäufers bei der Gesellschaft des Angeklagten und dessen unterlassener Trennung dieser Anzahlung von anderen Firmengel-dern angenommen, da die vom Angeklagten vertretene Gesellschaft nicht jederzeit willens und in der Lage gewesen sei, die Anzahlung an die Besteller bei nicht Zustandekommen des Kaufvertrages zurückzuzahlen.
[…]BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2018, 2 StR 421/18
Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter gegenüber dem (potentiell) Geschädigten eine inhaltlich besonders herausgehobene, nicht nur beiläufige Pflicht zur Wahrnehmung von dessen Vermögensinteressen innehat, die über die für jedermann geltenden Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und die allgemeine Pflicht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, hinausgeht (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 7. September 2017 – 2 StR 24/16, juris Rn. 49 ff. mwN; BGH, Beschluss vom 16. August 2016 – 4 StR 163/16, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 54; Beschluss vom 26. November 2015 – 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48, 62 f.; Urteil vom 11. Dezember 2014 – 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 104 f. jew. mwN). Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus Austauschverhältnissen, reichen nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn sich hieraus Rücksicht- oder Sorg-faltspflichten ergeben (BGH, Urteil vom 24. April 2018 – VI ZR 250/17, juris Rn. 15). Kaufverträge begründen, wenn sie nicht aufgrund einer – hier nicht festgestellten – besonderen Vertragsgestaltung zugleich Elemente der Ge-schäftsbesorgung enthalten, keine Treuepflichten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Dezember 1986 – 1 StR 626/86, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 6; Urteil vom 4. November 1988 – 1 StR 480/88, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungs-pflicht 11; Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 26).
Die Rechtsprechung, nach der sich ein Rechtsanwalt, der Gelder für ei-nen Mandanten in Empfang nimmt und nicht einem Anderkonto zuführt, son-dern anderweitig verwendet, der Untreue strafbar macht (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 – 1 StR 526/13, juris Rn. 7 mwN), ist, da dort die Pflicht zur Zuführung auf ein Anderkonto aus dem Anwaltsvertrag und der damit ein-hergehenden Pflicht die Vermögensinteressen des Mandanten wahrzunehmen hergeleitet wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. Oktober 1986 – 2 StR 256/86; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 3), mit dem hier festgestellten Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages mit Anzahlungsverpflichtung nicht vergleichbar.