Zur Gewährung eines kostenlosen Opferanwalts nach § 397a Abs. 1 Nr. 3 StPO ist es – über die in § 395 Abs. 3 StPO genannten „schweren Folgen der Tat“ hinausgehend – erforderlich, dass schwere körperliche oder seelische Schäden eingetreten oder zu erwarten sind.
Dabei orientiert sich die Regelung vor allem am Schweregrad der in den §§ 226 und 239 Abs. 3 Nr. 2 StGB genannten Folgen der Tat, d. h. es muss in körperlicher Hinsicht eine schwere bzw. erhebliche und dauerhafte Gesundheitsschädigung eingetreten oder zu erwarten sein, in psychischer Hinsicht eine erhebliche Schädigung von ebensolchem Gewicht.
Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 7.06.2018 (3 StR 149/18) festgestellt und auf diese Festellung aufbauend maßgeblich wie folgt begründet:
[…] Dies ist beim Nebenkläger nicht der Fall. Bei dieser wertenden Betrachtung ist auch zu berücksichtigen, dass der Nebenkläger als „Dritter“ im Sinne des § 239a Abs. 1 StGB zwar Verletzter im Sinne des § 395 Abs. 1 Nr. 4 StPO ist (KK-Senge, StPO, 7. Aufl., § 395 Rn. 3). Er ist aber nicht unmittelbares Opfer der aggressiven Komponente der Tat. Diese richtete sich vielmehr gegen das Entführungsopfer. Aus den vom Gesetzgeber als Leitbild in Bezug genommenen §§ 226 und 239 Abs. 3 Nr. 2 StGB (s. hierzu: BT-Drucks. 16/12098, S. 9 und 33) ergibt sich indes, dass das Gesetz primär Opfer im Blick hat, die sich – im Zwei-Personen-Verhältnis – gegen sie gerichteten Aggressionsdelikten ausgesetzt sahen. Die posttraumatische Belastungsstörung des Nebenklägers stellt sich allerdings als lediglich mittelbare Folge eines gegen eine andere Person gerichteten Aggressionsdelikts dar.
Unmittelbar aus dem Gesetz ergibt sich des Weiteren, dass nicht jede „geistige Krankheit“ im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB auch einen „schweren seelischen Schaden“ im Sinne des § 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO darstellt, denn sonst hätte der Gesetzgeber auf die Aufnahme dieser zusätzlichen Voraussetzung verzichtet. Dafür, dass die vom Nebenkläger behauptete posttraumatische Belastungsstörung eine solche – über den Schweregrad von § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB und § 395 Abs. 3 StPO hinausgehende – Dimension erreicht hätte, reichen die vom Nebenkläger dargelegten Symptome und Beeinträchtigungen, wie etwa Schlafstörungen, Albträume, Motivationsschwierigkeiten etc. nicht aus.
Schließlich ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Nebenkläger aufgrund seiner Teilnahme am Vietnam-Krieg bereits vor der gegenständlichen Tat – seit 40 Jahren – an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, fraglich, ob die durch die Tat gegebenenfalls eingetretene Verschlechterung seines Zustands als „schwerer seelischer Schaden“ quantifiziert werden kann.
[…]