In seinem Beschluss vom 13.03.2018 hat das LG Darmstadt (3 Qs 112/18) den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden war aufgehoben und den Führerschein freigegeben.
Diesbezüglich stellt das Landgericht zutreffenderweise maßgeblich darauf ab, dass je weiter die festgestellte Blutalkoholkonzentration von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille entfernt ist, desto höher die Anforderungen an die für das Vorliegen einer relativen Fahruntüchtigkeit festzustellenden alkoholbedingten Ausfallerscheinungen seien. Die Kammer sehe keinen dringenden Tatverdacht, der eine Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen würde. So lägen nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, vor, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt fahruntüchtig gewesen sein könnte.
Die Entscheidung im Volltext:
[…] hat die 3. große Strafkammer – Beschwerdekammer – des Landgerichts Darmstadt auf die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Offenbach am Main vom 08.02.2018 am 12.03.2018 beschlossen:
Der Beschluss des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 08.02.2018 wird aufgehoben.
Der Führerschein ist freizugeben.Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Kammer sieht derzeit keinen dringenden Tatverdacht, der eine Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen würde. So liegen nach dem bisherigen Stand der
Ermittlungen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, vor, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt fahruntüchtig gewesen ist.
Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ergab die Untersuchung der um 00:32 Uhr beim Beschuldigten entnommenen Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,54 Promille. Die festgestellte Blutalkoholkonzentration lag damit unterhalb der Schwelle zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille. Je weiter die festgestellte Blutalkoholkonzentration von der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt ist, desto höher sind die Anforderungen an die für das Vorliegen einer relativen Fahruntüchtigkeit festzustellenden alkoholbedingten Ausfallerscheinungen.
Ausweislich des ärztlichen Untersuchungsberichts konnten während der medizinischen Untersuchung in der Tatnacht keine Ausfallerscheinungen festgestellt
werden. Auch der Bericht des Zeuge PKA M. vom 24.11.2017 zu auffälligen Merkmalen insbesondere auf Alkohol und Drogen lässt keine Schlüsse auf alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zu.
Soweit der Zeuge PKA M. angab, dass der Beschuldigte dem Polizeifahrzeug die Vorfahrt genommen habe, kann der Vorfahrtsverstoß auch als üblicher Verkehrsverstoß gewertet werden und muss keine alkoholbedingte Ausfallerscheinung sein. Auch der Umstand, dass es etwa knapp 5 Sekunden dauerte, bis der Beschuldigte nach dem Aufleuchten des Anhaltesignals „Stop Polizei“ am Fahrbahnrand anhielt, deutet nicht zwingend auf eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung hin, denn dem Beschuldigten muss eine gewisse Zeit zum Realisieren und Verarbeiten des Anhaltesignals zugestanden werden. Auch die vom Zeugen PKA M. geschilderte Nervosität des Beschuldigten begründet nicht zwingend eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung, denn eine gewisse Nervosität des Beschuldigten ist vor dem Hintergrund seines Alkoholkonsums nachvollziehbar unabhängig von etwaigen Ausfallerscheinungen. Soweit der Beschuldigte seinen Schlüssel im Auto suchte, obwohl er ihn in der Hand hielt, kann dies auch auf seine Nervosität zurückzuführen sein und lässt nicht zwingend den Schluss auf eine alkoholbedingte Ausfallerscheinung zu. Der Hinweis des Beschuldigten, er habe keine Waffen dabei, kann durch die übliche Eigensicherung von Polizeibeamten veranlasst sein.
Mangels alkoholbedingter Ausfallerscheinungen und somit mangels dringenden Tatverdachtes war der Beschluss aufzuheben und der Führerschein ist freizugeben.
Eine Kostenentscheidung ist noch nicht veranlasst.
[…]