In dem vom LG Limburg mit Beschluss vom 22.10.2018 (1 Qs 125/18) entschiedenen Verfahren hatte der Beschuldigte, der sich wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das BtMG wegen Fluchtgefahr (§ 112 II Nr. 2 StPO) in Untersuchungshaft befindet, gegenüber dem Amtsgericht Antrag auf Erteilung einer Telefongenehmigung für Gespräche mit seinem im Ausland lebenden und der deutschen Sprache nicht mächtigen Vater gestellt.
Das Amtsgericht Limburg lehnte die Erteilung einer entsprechenden Telefonerlaubnis ab und begründete dies mit dem Ausnahmecharakter von Telefonaten mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt; da solche Telefonate in der Regel dem Zweck der Untersuchungshaft und der Ordnung der Justizvollzugsanstalt widerstreiten würden, seien sie nur in Einzelfällen bei besonders gerechtfertigtem Interesse, welches der Beschuldigte jedoch nicht dargetan habe, gestattet. Im Nichtabhilfebeschluss vom 08.10.2018 wird zudem auf die Möglichkeit der Briefkommunikation hingewiesen und der personelle und finanzielle Aufwand zur Übersetzung von Briefen als deutlich geringer als derjenige im Zusammenhang mit Telefonaten eingeschätzt.
Das Landgericht half der hiergegen gerichteten Beschwerde des Beschuldigten erteilte dem Beschuldigten die Erlaubnis zu Telefonaten auf eigene Kosten mit seinem Vater unter anstaltsüblichen Bedingungen mit der Maßgabe, dass Telefonate nur unter akustischer Gesprächsüberwachung und, sofern die Gespräche nicht in deutscher Sprache geführt werden, unter Anwesenheit eines Dolmetschers für die verwendete Sprache geführt werden dürfen.
Hierzu veröffentlichte das LG folgenden Leitsatz:
Aus den Entscheidungsgründen:
[…] Die Beschwerde ist statthaft (§ 304 StPO) und auch im Übrigen zulässig.Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Das Amtsgericht hat dem Beschuldigten die beantragte Telefongenehmigung zu Unrecht versagt, weil die zugrunde gelegte generalisierende Betrachtung zu weit geht. Der allgemeine Hinweis auf die Schwierigkeiten der Überwachung und den damit einhergehenden personellen und finanziellen Aufwand rechtfertigen eine Versagung nicht.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 StPO können Beschränkungen der Untersuchungshaft einem inhaftierten Beschuldigten nur auferlegt werden, soweit dies zur Abwehr von Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr im Sinne der §§ 112, 112a StPO erforderlich ist. Standardmäßige Beschränkungen der Rechte sind demgegenüber nicht zulässig; vielmehr ist der Eingriff in die Grundrechte in jedem Einzelfall gesondert zu entscheiden und zu begründen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 11.02.2016 – 3 Ws 57/16, BeckRS 2016, 11581; Kammer, Beschluss v. 02.07.2018 – 1 Qs 79/18 -). Dabei muss die Beschränkung zur Abwehr einer realen Gefahr, belegt durch konkrete Anhaltspunkte, erforderlich sein; die bloße Möglichkeit eines Missbrauchs rechtfertigt Freiheitsbeschränkungen nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 119 Rn. 6).
Vorliegend sind diese, eine Versagung der Telefonerlaubnis begründenden Voraussetzungen nicht erfüllt, so dass ein genereller Ausschluss jeglicher Telefongespräche zwischen dem Beschuldigten und seinem in … lebenden Vater jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Etwaige, eine Flucht- und/oder Verdunklungsgefahr nahelegende und mittels etwaiger Telefonate begünstigte oder begründete Umstände sind nicht verifiziert und erschließen sich vorliegend auch nicht per se aus dem Tatverdacht.
Soweit ungeachtet dessen jedenfalls ein Bedürfnis für die Überwachung von genehmigten Telefongesprächen mit Personen außerhalb der Justizvollzugsanstalt gesehen wird, verkennt die Kammer nicht den hiermit verbundenen personellen und finanziellen Aufwand, der im vorliegenden Fall noch dadurch erhöht wird, dass für jedes Gespräch des Beschuldigte mit seinem Vater ein Dolmetscher hinzugezogen werden muss. Ein erhöhter Aufwand im Betrieb der Justizvollzugsanstalt allein rechtfertigt es jedoch nicht, dem Beschuldigten grundsätzlich jegliche Telefonate zu versagen und ihn ausschließlich auf einen Briefkontakt zu beschränken, der in seiner Qualität und Intensität ein anderer ist als das persönliche Gespräch. Der erhöhte Aufwand ist grundsätzlich im Sinne des noch leistbaren zu verstehen und nur in diesen Grenzen zu gewährleisten. Insoweit obliegt es zunächst dem zuständigen Anstaltsleiter, den organisatorischen Erfordernissen der Justizvollzugsanstalt Rechnung zu tragen und demgemäß Beschränkungen nach Anzahl und Dauer der grundsätzlich genehmigten Telefonate vorzunehmen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 03.08.2012 – 3 Ws 314/12 = StV 2013, 164; KK/Schultheis, StPO, 7. Aufl. 2013, § 119 Rn. 19; MüKo/Böhm/Werner, StPO, 1. Aufl. 2014, § 119 Rn. 44).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.