Dies hat das KG Berlin bezogen auf das LG Berlin in seiner Entscheidung vom 23.06.2020
(5 W 1031/20) festgestellt und sich für die Zukunft vorbehalten, „eine Bearbeitung von Akten des Landgerichts Berlin mit entsprechenden Defiziten von vornherein abzulehnen“.
Das KG hat zu seiner Entscheidung folgende Leitsätze veröffentlicht:
- Bei den in § 14 UWG genannten Gerichtsständen handelt es sich um ausschließliche, weshalb insoweit ein anderes Gericht nicht durch Vereinbarung zuständig werden kann, § 40 Abs. 2 ZPO.
- Die wiederholte Praxis der Gerichtsverwaltung des Landgerichts Berlin, elektronisch eingereichte Schriftsätze für die Papierakten in schwarz-weiß auszudrucken, obwohl sie (möglicherweise) Farbbestandteile enthalten, ist rechtlich nicht haltbar. Weder kann den Richtern (und Rechtsmittelrichtern) zugemutet werden, mit „anderen“ Eingängen zu arbeiten als von den Parteien eingereicht, noch wird deren verfassungsrechtlich verbürgter Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewahrt, wenn das Gericht ihre eingereichten Dokumente nicht in authentischer, sondern in abgewandelter Form beurteilt.
Die Entscheidung im Volltext:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 93 des Landgerichts Berlin vom 18. Mai 2020 – 93 O 64/20 – aufgehoben, und die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 50.000 € – an das Landgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 567 ff. ZPO) und hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führt, §§ 14 UWG, 572 Abs. 3 ZPO (vgl. auch § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Mit der vom Landgericht abgegebenen Begründung durfte nach bisherigem Sach-und Rechtsstand der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht zurückgewiesen werden
1. Das Landgericht hält aufgrund eines Vertrags zwischen den Parteien, der für alle Streitigkeiten aus oder in Zusammenhang mit diesem Vertrag die Zuständigkeit der englischen Gerichte vorsehe, seine Zuständigkeit für nicht gegeben.
2. Mit dieser Begründung kann weder die internationale Zuständigkeit der inländischen Gerichte, noch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin verneint werden.4
Die Antragstellerin macht in erster Linie wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend. Zur Bestimmung der internationalen Gerichtszuständigkeit für das gegen die in den USA ansässige Antragsgegnerin angestrengte Verfahren ist – mangels insoweit bestehender staatlicher Abkommen oder Verträge – auf die innerstaatlichen Regeln zur internationalen Zuständigkeit zurückzugreifen (Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 14 Rn. 50). Da das deutsche Verfahrensrecht hierzu keine Regelungen enthält, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit insoweit nach den Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit in entsprechender Anwendung (vgl. BGHZ 134, 116, 117; BGHZ 173, 57, Rn. 21-23 – Cambridge Institute), im Bereich des unlauteren Wettbewerbs also nach § 14 UWG (Hess a.a.O.; Spätgens/Danckwerts in: Gloy/Loschelder/Danckwerts, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 5. Aufl., § 85 Rn. 60, m.w.N.). Im Fall der Bejahung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte gilt zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit (beispielsweise des Landgerichts Berlin) insoweit § 14 UWG in unmittelbarer Anwendung.5
Besagte Vereinbarung zwischen den Parteien ist – was das Landgericht übersieht – von vornherein bedeutungslos für vorstehende Zuständigkeitsbestimmungen entsprechend bzw. gemäß § 14 UWG. Denn bei den in dieser Vorschrift genannten Gerichtsständen handelt es sich um ausschließliche (Begr. RegE BT-Drs 15/1487, S. 26). Das folgt aus der Formulierung „außerdem nur“ in § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG (vgl. BT-Drs 15/1487, S. 36 f., 44). Daher kann ein anderes Gericht nicht durch Vereinbarung zuständig werden, § 40 Abs. 2 ZPO (Hess a.a.O. Rn. 29; Spätgens/Danckwerts a.a.O. Rn. 33, 53, m.w.N.).
3. Die (internationale und örtliche) Zuständigkeit wird somit erneut – anhand der Kriterien des § 14 UWG – zu prüfen sein und im Bejahensfall auch die Übrigen Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Verfügung. In Anbetracht des bisherigen Verfahrensverlaufs erscheint es hier mit Blick auf die diesbezügliche, aktuelle verfassungsrichterliche Rechtsprechung (zuletzt BVerfG WRP 2020, 847) erwägenswert, die Antragsgegnerin am Verfahren zu beteiligen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, um beiden Parteien Gelegenheit zu geben, ergänzend vorzutragen.
4. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann sich die Gelegenheit bieten, in einem kontradiktorischen Urteilstatbestand die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und sich in den Entscheidungsgründen mit allen entscheidungserheblichen Rechtsfragen umfassend auseinanderzusetzen. Um den Parteien insoweit einen Instanzenverlust zu ersparen, behält der Senat dies dem Landgericht vor und verweist die Sache dieserhalb dorthin zurück. Ein damit einhergehender – geringfügiger – Zeitverlust kann, sofern überhaupt eintretend, nach diesseitiger Einschätzung hingenommen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass das Rechtsschutzziel der Antragstellerin hierdurch maßgeblich beeinträchtigt oder gar vereitelt werden würde (vgl. auch Senat, Beschl. v. 20.05.2016 – 5 W 95/16, Seite 4, m.w.N.).
Die Zurückverweisung erscheint im Übrigen auch deshalb angebracht, um dem Landgericht Gelegenheit zugeben, vor Weiterbearbeitung der Sache ordnungsgemäße Papierakten zu produzieren. Dies scheint bislang nicht der Fall zu sein, weil und soweit die elektronisch eingereichten Schriftsätze einschließlich aller Anlagen – der wiederholten, verfehlten, Übung der Gerichtsverwaltung des Landgerichts Berlin geschuldet – in schwarz-weiß ausgedruckt sind, obwohl sie möglicherweise Farbbestandteile enthalten (vgl. beispielsweise auch schon Senat, Vfg. v. 07.05.2020 – 5 W 1004/20 = LG Berlin – 102 O 13/20; Senat, Beschl. v. 25.10.2019 – 5 W 175/19, S. 9 ff. = LG Berlin – 52 O 226/19). Der Senat kann letzteres nicht überprüfen, da er keinen Zugriff auf die beim Landgericht gespeicherten elektronischen Eingänge hat. Das Landgericht wird hier deshalb den Papieraktenbestand (einschließlich aller Anlagen) ggf. entsprechend zu korrigieren haben.
Der Senat behält sich für die Zukunft vor, eine Bearbeitung von Akten des Landgerichts Berlin mit entsprechenden Defiziten von vornherein abzulehnen. Hierbei kann nicht maßgeblich sein, ob es auf die nur schwarz-weiß ausgedruckten Farbbestandteile in den elektronischen Schriftsätzen einschließlich aller Anlagen im Einzelfall „ankommt“ oder (wie im Streitfall wohl) nicht. Weder ist es den Richtern zumutbar mit „anderen“ Eingängen zu arbeiten als von den Parteien eingereicht, noch wird deren verfassungsrechtlich verbürgter Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gewahrt, wenn das Gericht ihre eingereichten Dokumente nicht in authentischer Form beurteilt, sondern in abgewandelter Form.
II.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 51 GKG.
KG Berlin, Beschluss vom 23.06.2020, 5 W 1031/20
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